Full text: Auswahl für das Feld.

Volk der alten Geschichte; aber Rom blieb doch Sieger, wahrlich 
nicht durch die Genialität seiner Feldherren, sondern vermöge der 
sittlichen Kräfte, die sein Volksheer zusammenhielten. 
Denn die Technik, so wichtig sie ist, gibt eben im Kriege doch 
nicht an erster Stelle den Ausschlag. Nach wirtschaftlichen Ge— 
sichtspunkten der Maschinentechnik, nach den Grundsätzen der Arbeits- 
teilung kann ein Heer nicht angesehen werden; das aber pflegen 
Handelsstaaten zu tun, sie halten Heere von reinen Berufssoldaten 
für die besten. Nicht die technische, sondern die sittlich-moralische 
Uberlegenheit ist es, welche Kriege am letzten Ende entscheidet. 
Was physische Leistungen angeht, sind ja die englischen Soldaten 
sehr tüchtig; sie sind im Boxen ausgebildet und werden ungeheuer 
reichlich genährt. Aber daß diesem Heere etwas fehlt, daß es nicht 
mit einem nationalen Heere verglichen werden kann, weil die sitt- 
lichen Kräfte des Volkes ausgeschlossen sind, beginnt man in Eng- 
land selber immer mehr zu begreifen. So materialistisch wie Wel- 
lington glaubte ist die Welt nicht; Wellington sagte, Begeisterung 
sei zu nichts nütze in der Armee, sie könne nur Unheil und Ver- 
wirrung anstiften. Aber in England bleibt die Flotte die eigent- 
lich nationale Waffe; was das Land von wirklicher kriegerischer 
Begeisterung besitzt — und das ist sehr viel mehr als man auf 
dem Kontinent gewöhnlich glaubt, weil die Idee der Weltherrschaft 
Großbritanniens sehr verbreitet ist im Volke — das muß man auf 
den Kriegsschiffen suchen. 
Also müssen wir überall bei Betrachtung dieser Dinge festhalten 
die rein sittliche Schätzung dieser Institution gegenüber der rein 
nationalökonomischen. Es gilt sich klar zu werden über die Be- 
rechtigung der ewigen Klagen wegen der großen Kosten des Heer- 
wesens. Ohne Zweifel ist die Blutsteuer der Militärlast die größte, 
die einem Volke auferlegt werden kann. Eines vor allem soll man 
aber auch hier wieder nie aus dem Auge verlieren: daß es Dinge 
gibt und geben soll, die über jeden Preis erhaben sind. Sittliche 
Güter haben keinen Preis, und es ist daher unvernünftig, Begriffe 
wie Ehre und Macht des Staates nach Geld und Geldeswert 
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