Full text: Auswahl für das Feld.

diese Feindschaft war eine notwendige. Denn nimmermehr konnten 
die Heiden einen Nachbarn dulden, dem das Gesetz die Pflicht des 
ewigen Heidenkampfes auferlegte; und noch minder durfte der Orden 
von diesem Gesetze lassen, solange die litauische Provinz Samaiten 
sich als ein trennender Keil zwischen Ostpreußen und Kurland 
einschob, ja sogar den deutschen Küstensaum zerriß. — 
Also von Feinden umringt sah der Orden zu Anfang des vier— 
zehnten Jahrhundert ein neues Unheil nahen. Verlassen standen 
die Ritterorden in der zur monarchischen Ordnung heranreifenden 
Zeit. Als ein Satrap der neuen Monarchie von Frankreich betrieb 
Papst Clemens V. zu Avignon die Vernichtung der Templer. Die 
Johanniter, von ähnlichen Anschlägen bedroht, verstärkten sorglich 
ihre Macht durch die Eroberung von Rhodus. Auf die Klage 
des aufsässigen Erzbischofs von Riga schleuderte jetzt der Papst den 
Bann wider die deutschen Herren, drohte „die Dornen des Lasters 
auszureuten aus dem Weinberge des Herrn“. 
Ein staatsmännischer Gedanke rettete den Orden aus dieser Ge— 
fahr. Er beschloß — was seit langem die Eifersucht der Ritter 
verhindert — den Schwerpunkt seiner Macht, den Hochmeistersitz, 
nach Preußen zu verlegen. Denn bereits hundert Jahre nach 
seiner Gründung war, vornehmlich durch die Zuchtlosigkeit der 
beiden andern Ritterorden, die letzte Feste der Lateiner im Oriente, 
das Ordenshaupthaus Akkon, in die Hände der Agypter gefallen 
(1291). Seitdem hatten die Hochmeister, in Hoffnung auf einen 
neuen Kreuzzug, zu Venedig Hof gehalten. Aber wie konnte eine 
Stadt die Häupter zweier mißtrauischer hochstrebender Aristokratien 
auf die Dauer beherbergen? Von den sieben Säulen, welche, nach 
dem alten Ordensbuche, das Hospital von St. Marien stützten, 
waren gefallen oder ins Wanken gekommen Armenien, Apulien 
und Romanien. In Alemannien und Osterreich war der Orden 
nur ein reicher Grundbesitzer, bot den nachgeborenen Söhnen des 
Adels eine warme Herberge; und schon verspottete der Volkswitz 
das träge Zeremonienwesen am Hofe des Deutschmeisters: „Kleider 
aus, Kleider an, Essen, Trinken, Schlafengahn ist die Arbeit, 
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