Full text: Deutsches Lesebuch. Zweiter Theil. Realienbuch. (2)

96 98. Der Maikäfer. 
keine Nahrung mehr zu sich und sterben in der Regel sehr bald, nach- 
dem sie durch Eierlegen für ihre Fortpflanzung geforgt haben. 
Die Insekten sind in ungeheurer Anzahl über die ganze 
Erde verbreitet. Sie wohnen auf und unter der Erde, auf 
Pflanzen und im Wasser. Ihre Nahrung ist sehr mannigfaltig. 
Viele besitzen merkwürdige Kunsttriebe; so sind die Bienen, 
Wespen, Ameisen, Spinnen geschickte Baumeister. Ihre Lebens- 
dauer beträgt höchstens einige Jahre, in manchen Fällen nur 
wenige Tage. 
Man schätzt die Zahl der bis jetzt bekannten Arten von 
Insekten auf 80000, wovon 20000 Europa angehören. Jede 
Art hat ihren besondern Körperbau, ihre besondere Lebens— 
weise und braucht die ihr zusagende Nahrung; aber für alle hat 
die unergründliche Liebe und Weisheit des Schöpfers gesorgt. 
98. Der Maikäfer. 
Die Obstbäume haben wir eigentlich nur für uns gepflanzt. 
Die Maikäfer aber thun, als wären sie ihretwegen da; denn in 
manchen Jahren finden sich dieselben in aulserordentlicher 
Menge auf ihnen ein. Dann geht es den Bäumen schlecht; 
was an weichem Laube sich vorfindet, wird unbarmherzig ab- 
gefressen. Ehe 8 Tage vergangen sind, stehen ausgedehnte 
Obstanlagen entlaubt da, und die Hoffnung auf eine gute Obst- 
ernte ist vernichtet; denn die Bäume verlieren mit den Blättern 
diejenigen Werkzeuge, die ihnen zum Leben so nothwendig 
sind, als den Menschen die Lungen, und müssen alle ihre 
Safte zur Hervorbringung neuer Blätter verwenden. 
Haben sich die Maiküfer 8 bis 14 Tage dem Vergnögen, 
umherzuschwärmen und Laub zu fressen, hingegeben, so graben 
sich die Weibchen, die man leicht an den kleinen Fühlhörnern 
erkennt, einige Zoll tief in die Erde und legen dort an zwei 
bis drei verschiedenen Orten 12 bis 30 Eier. Bald darauf 
sterben sie. Nach 4 bis 6 Wochen entstehen aus den Eiern 
wurmartige, äulserst gefrälsige Thierchen, Larven oder Enger- 
linge genannt, die sechs Beine und kräftige Kinnbacken haben. 
Ihre Nahrung besteht meistens in zarten Wurzeln. Um 
Sich's bei ihren Mahlzeiten recht bequem zu machen, legen sie 
sich auf den Rücken, fangen am Wurzelspitzchen an zu fressen 
und fahren damit so lange fort, als es ihnen schmeckt und 
Ssoweit sie ohne grofse Unbequemlichkeit mit dem Kopfe hinauf- 
reichen können. Sind sie mit einer Pflanze fertig, so graben 
sie weiter, bis sie zur Wurzel der nächsten kommen. Im 
Herbst gehen sie tiefer in die Erde, machen sich eine glatte 
Hôhle und schlummern darin, bis die Frühlingssonne den Boden 
erwärmt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.