98. Der Maikäfer. 97
Mittlerweile ist ihnen ihr Kleid zu eng geworden; sie
brauchen ein neues, grösseres; dafür ist auch ohne ihr Zuthun
zum voraus gesorgt von dem, der auch die Lilien des Feldes
kleidet. Das alte Kleid — die Haut — platzt von selber, und
unter demselben ist schon ein neues gewachsen. Der Engerling,
der diese Verwandlung tief unter der Erde abgewartet hat,
steigt in verjüngter Gestalt in die Höhe und fällt mit Begier
über die Pflanzenwurzeln her.
In Folge dieser Gefrälsigkeit leiden die Pflanzen sehr.
lassen traurig die Köpfe hängen und verwelken, wenn der
Regen lange auf sich warten lässt. Darum ist der Landmann
den Engerlingen eben so wenig hold wie den Maikäfern: man
vertilgt sie, wo man nur kann, und sieht es gern, wenn die
Saatkrähe im Frühjahr hinter dem Pfluge hergeht und alle
auffrisst, die sich in der Furche blicken lassen.
Drei bis vier Jahre treiben die Engerlinge ihr Wesen in der
Erde. Zu Ende des letzten Sommers steigen sie tiefer als
jemals in dieselbe hinab, oft über 1 m tief, machen sich noch
einmal eine bequeme Höhle und harren darin der Verände-
rungen, die noch mit ihnen vorgehen sollen. Diese lassen
auch nicht lange auf sich warten. Nach einer mehrtägigen
Ruhe wird die Haut nochmals abgestreift; aber diesmal geht
nicht ein Engerling daraus hervor, sondern eine Puppe, ein Ge-
schöpf, das weder Larve noch Käfer ist, indess doch mit letz-
terem mehr Aechnlichkeit hat.
Beine und Fühler sind an den Leib gezogen und zur
Fortbewegung untauglich; ebenso bleibt das sonst so ge-
frälsige Maul in vollkommener Ruhe. Nach 4 bis 6 Wochen
sprengt die Puppe ihre Hülle und es erscheint endlich der
vollkommene Käfer. Rumpf und Glieder sind anfangs ganz
weich und blass, erhürten aber bald und bekommen eine
dunkle Farbe. Vom Februar an arbeiten sich die Küfer
höher hinauf, kommen jedoch nicht eher zum Vorschein, als
bis der Tisch für sie gedeckt ist, was Ende April oder
Anfangs Mai der Fall zu sein pflegt. Einzelne, die nicht
s0 tief gelegen baben mögen, arbeiten sich auch früher, bei
gelindem Wetter selbst mitten im Winter bis zur Oberfläche;
aus Mangel an Nahrung und Wärme kommen sie natürlich um.
Das beste Mittel, die Maikäfer zu vertilgen, besteht darin,
sie des Morgens, wo sie gewöhnlich vom Thau erstarrt sind,
von den Bäumen zu schütteln und in Gruben mit heilsem
Wasser zu tödten. Jung und Alt, Arm und Reich sollten sich
bei dieser nützlichen Arbeit betheiligen.
Zu den sehr schädlichen Laubkäfern gehört der Koldpado- oder
Kartoffelklfer, der in Amerika die Kartoffelfelder verbeert und jetzt
auch die unsrigen bedroht. Larven und Käfer fressen das Kartoffel-
Lesebuch für ungetheilte Volksschulen. U. 5