Full text: Deutsches Lesebuch. Zweiter Theil. Realienbuch. (2)

100 101. Der Seidenspinner. 
Wickelkinder gepflegt, gewaschen und beim Hautwechsel unter— 
stützt werden. Die Nymphen (sog. Ameiseneier) werden wieder 
in eigene Gemächer und von Zeit zu Zeit an die trockene, 
warme Luft geschafft. 
Die Arbeiter halten ihre Städte rein, ziehen die 
Jungen auf, versorgen die Kolonie mit Nahrung, führen 
Krieg mit Nachbarstaaten, rauben denselben die Puppen und 
bringen sie in ihre Bauten, damit ihnen die ausschlüpfenden 
Arbeiter als Sklaven dienen. 
Zum Unterhalte wählen die Ameisen vor allem süße 
Stoffe. Obst und Honig, Zucker und Syrup, süße Pflanzen- 
säfte, den Honigsaft, welchen Blatt= und Schildläuse ab- 
sondern. Auch thierische Stoffe benagen sie gerne, z. B. todte 
Mäuse, Maulwürfe u. s. w. Ebenso verzehren sie, wie es 
scheint, lebende und todte Insekten in großer Menge und 
schaffen in unseren Wäldern großen Nutzen, indem sie die 
jungen Triebe von schädlichem Ungeziefer befreien. 
So weit sie auch von ihrer Wohnung fortwandern, 
so verirren sie sich doch nicht; macht man den Weg hinter ihnen 
unkenntlich, so stutzen sie, verfehlen aber die Richtung nach 
der Heimat nicht; die Bewohner eines Staates hängen mit 
seltener Freundschaft an einander und erkennen sich nach 
monatlanger Trennung wieder. 
In Afrika gibt es eine sehr große Art von Ameisen, die Termiten, 
welche sich aus Sand und Lehm 4m hohe, sehr feste Gebäude mit 14 
bis 17m Umfang und mehreren großen Gemächern errichten. Dieselben 
sind, da sie Thiere und Pflanzenstoffe, sogar hölzerne Häuser und Schiffe 
zernagen, sehr schädlich. Auch in Südamerika trifft man ähnliche große 
Ameisenarten. 
Der Seidenspinner. 
Der Seidenspinner ist ein sehr nützlicher Schmetterling. Er 
hat seinen Namen davon, dals er die kostbare Seide spinnt. 
Alle Schmetterlinge haben vier häutige Flügel mit farbigen 
Schuppen, eine KRollzunge, die sich wie eine Spiralfeder zu- 
sammenrollen lässt, und eine volltommene Verwandlung, d. h. 
sie sind nach einander Raupe, Puppe und Schmetterling. 
Der Seidenspinner ist schmutzigweils und hat auf den Vorder- 
flügeln braune Ouerlinien. Die Fühler sind kamm- oder 
federförmig. 
In China leben die Seidenspinner wild auf den Maulbeer- 
bäumen; bei uns werden sie in Häusern gezüchtet. Mönche 
brachten sös in ihren hohlen Pilgerstäben Eier des Seiden- 
spinners aus China nach Konstantinopel. Von hier aus hat
	        
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