Full text: Deutsches Lesebuch. Zweiter Theil. Realienbuch. (2)

102 103. Die Spinnen. 
würdigen Bau der Augen ist es der Sliege möglich, nach 
verschiedenen Seiten zugleich hinzusehen. Auf der Stirn stehen 
noch drei einfache Hunktaugen. 
Die Fühler sind vorne am Kopfe eingefügt und bestehen aus 
drei Gliedern, von denen das letzte eine feine, sehr schön ge- 
fiederte Zorste trägt. Der Rüssel, mit dem die Fliege uns oft 
belästigt, hat an der Spitze zwei fleischige Lippen, die zum 
Aufsaugen von Flüssigkeiten sehr geeignet sind. Der Körper 
bestellt aus mehreren Ringen und ist mit Borsten besetzt, die 
unter dem Dergrößerungsglas wie krumme Ofriemen aus- 
sehen. An den Füßen sitzt ein Ballen, aus dem eine klebrige 
Feuchtigkeit schwitzt, mittels welcher sich die Fliege an Fenstern 
und Spiegeln festhalten kann. 
Die Fliegen vermehren sich ungemein rasch. Das Weibchen 
legt in einem Sommer viermal je 00 — 80 Eier in den Dünger 
oder an andere unsaubere Stellen. Schon innerhalb 24 Stunden 
schlüpfen die Larven aus; nach 14 Tagen verpuppen sie sich. 
Abermals nach 14 Tagen kommen die jungen, aber bereits 
ausgewachsenen Fliegen zum Vorschein und sorgen nun eben- 
falls durch Eierlegen für ihre Dermehrung. Die Raturforscher 
behaupten, daß ein einziges Fliegenpaar innerhalb 6 Monaten 
eine Nachkommenschaft von vielen Millionen erhalten könnte, 
wenn dieselbe nicht durch Vögel, Frösche, durch ungünstige 
Witterung ꝛc. sehr vermindert würde. 
In Europa kennt man über 000 Arten von Fliegen. Einige 
der bekanntesten sind außer der Stubenfliege die Schmeiß-, 
Fleisch= und Käsefliege. — Su den Sweiflüglern ge- 
hören auch die Schnaken, Bremsen 2c. 
Die Spinnen. 
Die Spinne ist ein verachtetes Thier; viele Menschen 
fürchten sich sogar davor. Und doch ist sie auch ein merk- 
würdiges Geschöpf und hat in der Welt ihren Nutzen. Die 
Spinne hat nicht zwei Augen, sondern acht. Mancher wird 
dabei denken, da sei es keine Kunst, dass sie die Mücken, 
die an ihren Fäden hängen bleiben, so geschwind erblickt und 
zu erhaschen weils. Allein eine Fliege hat nach den Unter- 
suchungen der Naturkundigen viele tausend Augen und nimmt 
doch das Netz nicht genug in Acht und ihre Feindin, die grols 
genug darin sitzt. Was folgt daraus? Es gehören nicht nur 
Augen, sondern auch Verstand und Geschick dazu, wenn man 
glücklich durch die Welt kommen und in keine verborgenen Fall- 
stricke gerathen will. — Wie fein ist ein Faden. den eine Spinne 
in der gröfsten Geschwindigkeit von einer Wand bis zur andern 
zu Ziehen weils! Und doch versichern die Naturkundigen, dass 
ein solcher Faden, den man kaum mit blolsen Augen sieht, wobl
	        
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