Full text: Deutsches Lesebuch. Zweiter Theil. Realienbuch. (2)

106 106. Der Blutegel. — 107. Die Trichine. 
man den Regenwurm quer durch, so lebt die vordere Halfte 
fort, lie hintere dagegen stirbt. 
Von trockener Witterung ist der Regenwurm eben 80 
wenig ein Freund als von strenger Külte; daher trifft man 
ihn im heilsen Sommer 6 bis 9 dm, im Winter sogar 3 m 
tief in der Erde. Die Vermehrung der Regenwürmer ist 
sehr stark und erfolgt durch Eier, die sie in Klümpchen 
legen. 
In den Eingeweiden des Menschen besonders der Kinder, ent- 
wickeln sich nicht selten weiche, meist schleimige Würmer. Zu 
densclben gehören die Spulwürmer und der Bandwurm. 
Der Blutegel. 
Der Blutegel gehört zu den Würmern, die weder Fülse, 
noch Borsten haben. Er lebt in dem ruhigen Wasser schlam- 
miger Sümpfe und Teiche, deren Grund thonig ist. Bei hellem 
Wetter rudert er lebhaft umher, bei trübem rollt er sich zu- 
sammen. Im Winter gräbt er sich in den Schlamm. Seine 
Nahrung besteht aus frischem Blute, das er Thieren und 
Menschen abzapft. Vollgesogen fällt er ab. Bestreut man ihn 
mit Salz, so gibt er das Blut von sich. Man bewahrt ihn in 
halbgefüllten Wassergläsern auf. Da er bei Entzündungen durch 
Entziehung von Blut sehr gute Dienste leistet, so wird er 
fleilsig gezüchtet und weit verschickt. Die besten Blutegel 
kommen aus Ungarn, Polen und Ostpreufsen. 
107. Die Trichine. 
Die Trichinen oder Haarwürmer verursachen eine schreckliche 
Krankheit, die von den Aerzten erst in neuester Zeit erkannt 
worden ist. Das winzig kleine Würmchen lebt im Fleische 
mancher Thiere, namentlich der Schweine und Ratten. Genießt 
der Mensch trichinenhaltiges Schweinefleisch, so erkrankt er mehr 
oder weniger schwer; nicht selten tritt der Tod ein. Die Trichinen, 
welche mit dem genossenen Fleische in den Magen kamen, setzen 
sich nämlich im Darm des Menschen fest und erzeugen dort lebendige 
Junge, Fadenwürmchen, wie man sie kleiner kaum kennt. Die 
alten Trichinen bleiben im Darm, bis sie sterben; die junge 
Brut aber wandert vom Darm aus in den Körper des Menschen 
ein; denn in dem Fleische allein treffen die jungen Trichinen 
eine für ihr weiteres Wachsthum geeignete Wohnstätte. Schon 
14 Tage nach der Einwanderung ist das Würmchen ausgewachsen. 
Nun rollt cs sich spiralig zusammen, wie eine Uhrfeder, und es 
bildet sich dann nach und nach um ein jedes Thierchen eine 
Kapsel aus Kalksalz, so daß es zuletzt in einer Kalkschale steckt, 
wie ein Vogelei. Sind die Trichinen eingekapselt, so können
	        
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