Full text: Deutsches Lesebuch. Zweiter Theil. Realienbuch. (2)

124. Wärme und Wasser. 131 
Wärmegrade nennt und mit + bezeichnet. Vom Gefrierpunkt 
abwärts wird die Theilung fortgesetzt, und man erhält dadurch 
die Kältegrade, welche mit — bezeichnet werden. Die Zahl, 
bis zu welcher die Quecksilbersäule steigt oder fällt, zeigt 
an, wie groß die vorhandene Wärme oder Kälte sei. Diese 
Gradeintheilung stammt von einem Franzosen Namens 
Réaumur (spr. Reomür) und wird in Deutschland überall 
angewendet. Es gibt aber auch Thermometer mit andern 
Gradeintheilungen. 
Die Blutwärme eines gesunden Menschen beträgt ++ 29°R. 
und die angenehmste Zimmerwärme + 15° R. Unsere Winter- 
kälte erreicht selten — 20° R. 
124. Wärme und Wasser. 
Das Wasser ist kein einfacher Körper, denn die Gelehrten 
verstehen es, dasselbe in zwei Luftarten, das Wasserstoffgas 
und den Sauerstoff, aufzulösen und aus diesen Luftarten wieder 
Wasser zu bereiten. Das Wasser ist in sehr großer Menge 
auf der Erde vorhanden. Es verdunstet sehr leicht. Da die 
Wasserdämpfe leichter sind als die Luft, so steigen sie massen- 
bost in derselben empor und schweben unsichtbar in ihr. Die 
ust kann aber nicht beliebig viel Wasserdampf aufnehmen, 
warme Luft mehr als kaltez sie wird endlich gesättigt. 
Kühlt sich die gesättigte Luft ab, so verdichtet sich ein Theil 
der Dünste, d. h. er zieht sich in Wasserbläschen zusammen, die 
in den niedern Luftschichten als Nebel, in den höheren als 
Wolken sichtbar werden. 
Ist eine Luftschicht so sehr mit Dunstbläschen angefüllt, 
daß sich diese nahe berühren, so fließen sie in Tropfen zu- 
sammen, die als Regen auf die Erde fallen. Gefrieren die 
Tropfen im Herunterfallen, so erhalten wir Schlossen, oder 
wenn die Körner groß sind, Hagel. Gefrieren die Dunstbläschen 
aber, ehe sie sich zu Tropfen vereinigen konaten, so entstehen 
Eisnadeln oder sechseckige, schön verzierte Eiskrystalle in der 
Luft, die, meist zu Flocken vereinigt, als Schnee niederfallen. 
Wenn sich die Gegenstände auf der Erde, besondéèrs die 
Pflanzen, nach Sonnenuntergang eher abkühlen, als die Luft, 
so hängen sich die Wasserdünste an sie an und bilden den Thau. 
Wird im Herbste gegen den Morgen die Luft so kalt, daß der 
Thau gefriert, dann erhalten wir Reif. 
Die Dämpfe des kochenden Wassers sind sehr elastisch. Sie 
lassen sich zusammendrücken, wollen sich dann aber mit um so 
rößerer Gewalt wieder ausdehnen. Diese Kraft hat sich der 
eensch mittels der Dampfmaschinen dienstbar gemacht. 
Dieselben schleppen die schwerbeladenen Eisenbahnzüge durch das
	        
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