Full text: Deutsches Lesebuch. Zweiter Theil. Realienbuch. (2)

176 149. Die fränkische Schweiz. 
ganzen Ausdehnung nach ausnützen. Denn mitten im 
Felde ragen kleinere oder grölsere Felsblöcke, „Knöcke“ 
genannt, aus dem Boden hervor. Darum führen die 
Landleute auf dem „Gebirge“ mitunter ein an Entbeh- 
rungen reiches Leben. Wer „schwarzes“ Brot im eigent- 
lichen Sinne des Wortes sehen und schmecken will, der 
mache von Muggendorf oder Streitberg aus einen Ab- 
stecher auf die Höhen gegen Nordwest. Dort säet der 
Landmann im Frühjahre das sogenannte Mischgetreide, 
bestehend aus Gerste, Linsen und Wicken. Die geerntete 
Frucht wird, mit einer geringen Menge Roggen vermischt, 
gemahlen und zu Brot verbacken. Das gibt ein nahr- 
haftes, aber buchstüblich schwarzblaues Brot, das 
in der Backschüssel getragen werden muss, damit es 
nicht aus einander fällt. Wer halb Mischfrucht, halb 
Roggen backen kann, gehört schon zu den vermöglicheren 
Grundbesitzern. 
Wegen Mangels an Quellwasser ist man auf den 
Hôöhen gezwungen, Cisternenwasser zum Bierbrauen, zum 
Trinken und Kochen zu verwenden. In trockenen Som- 
mern muss Wasser aus dem Thale herbeigefahren werden. 
Will man frisches Wasser haben, 80 verschafft man 
sich dieses entweder durch Druckwerke oder durch 
Wasserleitungen. Ersteres ist z. B. auf dem Schlosse 
Greifenstein bei Heiligenstadt und in Gösswein- 
stein, letzteres in Siegritz, einem Dorfe nordwestlich 
von Streitberg, der Fall. Die Regierung von Ober- 
franken unterstützt die Bemühungen der Höhenbewohner, 
sich gutes Quellwasser zu verschaffen, auf jede mögliche 
Weise. 
Sollte man aber glauben, dass sich die guten Leute 
auf dem Gebirge bei ihren Entbehrungen unglücklich 
fühlen, so würde man sehr irren. Sie genielsen, was 
ihnen Gott beschieden, und entbehren gern, was ihnen 
versagt ist. Ja sie können manchem, der in einer ge- 
segneteren Gegend unseres Vaterlandes wohnt, als Vor- 
bild dienen. An gar manchen Hausthüren auf dem „Gebirge“ 
land man bis auf die neueste Zeit kein eisernes Schloss, 
sondern höchstens einen hölzernen Riegel, und Wägen 
und Pflüge lässt man dort unbesorgt über Nacht auf den 
Feldern stehen.
	        
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