176. Die Niederlande. 205
176. Die Niederlande.
Westlich von Deutschland liegen Belgien und die Nieder—
lande, nördlich und westlich von der Nordsee umgeben.
Belgien ist ein ungemein fruchtbares Land, reich an Ge—
treidefeldern und Wiesen, und besitzt sehr reiche Steinkohlen—
ruben. Zweige der Ardennen durchziehen den südlichen Theil
zelgiens. Brüssel, die Residenzstadt, und Antwerpen sind be-
deutende Handelsstädte.
Die Niederlande sind sehr wasserreich und sumpfig, von
vielen Kanälen durchschnitten und durch Dämme gegen die Meeres-
fluten geschützt. Festes Gestein und Quellwasser fehlt; weite
Torsstrecken ersetzen den gänzlichen Mangel an Waldungen. Die
Bewohner sind Niederdeutsche. Ihre Hauptbeschäftigung besteht
in Handel, Schiffahrt, Viehzucht und Gartenbau. Die Residenz
des Königs von Holland ist Haag, unweit der Nordseec, die
bedeutendste Stadt aber ist Amsterdam, eine der wichtigsten
Handelsstädte Europas.
Wer nach den Niederlanden kommt, die Menschen und ihr Leben
sieht, ihre Tüchtigkeit, Kühnheit, Zweckmäßigkeit, Nettigkeit, Klar-
heit in allem: der steht still und wundert sich. Alles dies, dieses
reiche Land, mit den prächtigen Städten und städtegleichen Dörfern
hat der denkende Mensch zum Theil den Wogen des Meeres ab-
gewonnen. Aber wie soll man diese Menschen beschreiben? Wenn
man in die Städte und Dörfer tritt und die Leute dort so still
und langsam, so nett und reinlich, als hätten sie mit Arbeit nicht
gendert ysich zu befassen, einhergehen sieht; wenn der Bauer
teif und bedächtig in seinen hohen Holzschuhen einherschreitet und
mit behaglicher Miene und langsamer, breiter Rede dem Fremden
begegnet: so könnte einem einfallen, ein so stilles, bequemes
Volk könne dies Land dem Meere nicht abgezwungen, diese
Mauern, Thürme, Wälle und Deiche nicht aufgethürmt haben;
und doch ist es nicht anders! Der Bewohner des Landes steht eben
deswegen so behaglich da, weil er der Schöpfer und Herr eines
Gebietes ist, vo nur Frösche, Möven und Rohrdommeln ihre
benere Stimme ertönen lassen würden, wenn der Mensch nicht
inzugetreten und mit Spaten, Schaufel und Ruder sich gerührt
hätte. Freilich, die netten Kleider, die er trägt, sein stets blankes
Schuhwerk, sein mit Blumen und Kräutern, mit Schnörkeln
und Bildern geschmücktes Vorhaus, seine zierlichen, mit bunten
Muscheln und Steinen ausgelegten Gärten, seine nett gefegten
Dreschtennen, seine höchst reinlichen Stallungen legen die Ver-
muthung nahe, er sei nur für die häuslichen Geschäfte brauchbar,
fabe nur für Lebensgenuß Sinn und huldige bloß der Bequem-
ichkeit und Weichlichkeit; aber man sehe nur den Mann am
Ruder seiner Schiffe oder auf den Mastspitzen — man sehe ihn