199. Die alten Griechen. 241
Schon frühzeitig erwachte unter den alten Griechen
ein besonderer Heldengeist. Während die Frauen in stiller
Häuslichkeit walteten, übten sich die Männer in Kampf—
spielen und durchzogen das Land, um es von Räubern und
wilden Thieren zu säubern. Durch ihre außerordentlichen
Thaten haben sich einige Helden einen so großen Ruhm
erworben, daß ihre Nachkommen sie als Halbgötter verehrten
und ihre Thaten in herrlichen Liedern besangen.
Die Griechen verehrten eine Anzahl Götter und Göttinnen,
für deren Sitz sie den Berg Olymp hielten. Der höchste unter
diesen Göttern war Zeus; seinem Willen mußten sich die
übrigen fügen. Diese Götter, glaubte man, lebten in steter
Freude und Lust und seien unsterblich, lenkten die Schick—
sale der Menschen, bestimmten ihre Handlungen und rüsteten
den einen mit diesen, den andern mit jenen Fähigkeiten aus.
Auch der Glaube an die Unsterblichkeit der Seele und an
Belohnung und Strafe nach dem Tode war unter den
Griechen verbreitet.
Eine alte Sitte der Griechen war es, zur Ehre der
Götter oder der Verstorbenen Feste anzuordnen und ihre
Feier durch öffentliche Spiele zu verherrlichen. Im Olympia—
Thale lag ein uralter Hain, neben dem sich eine große Ebene
ausbreitete. Hier beging man regelmäßig alle vier Jahre
ein Volksfest zur Ehre des obersten Gottes. Eine ungeheure
Menschenmenge fand sich dazu aus allen Theilen Griechen—
lands ein. Die Spiele bestanden im Wettlaufe, Springen,
Faustkampf, Ringen, Speerwerfen, Pferde- und Wagenrennen.
Ein weiter Raum war dazu geebnet und mit Sand bestreut.
Ringsum befanden sich auf erhöhten Sitzen die zahllosen
Zuschauer. Nach Beendigung des Festes, das fünf Tage
dauerte, wurden die Namen der Sieger ausgerufen und die
Preise an dieselben vertheilt. Der Preis des Siegers war
ein Kranz von Oelzweigen. Er verherrlichte nicht bloß den,
der ihn errang, sondern auch das Geschlecht und die Vater—
stadt desselben, die den Sieger bei seiner Rückkehr feierlich
empfing. So wie diese Waffenspiele anfangs vorzüglich dazu
geeignet waren, körperliche Kräftigung und Gewandtheit zu
nchelen. so gaben sie später auch zur geistigen Bildung reich-
liche Veranlassung. Dichter, Redner, Geschichtschreiber, Bild-
hauer, Maler und Tonkünstler kämpften durch ihre Werke
und Leistungen wetteifernd um den Beifall ihres Volkes.
Lesebuch für ungetheilte Volksschulen. U. 11