203. Fabricius, der tugendhafte Römer. 245
Römern vier Schiffs weggenommen und die römischen Gesandten
beschimpft. Solche Beleidigung zu rächen, rückten die Römer mit
einem Heere herbei. Aber die Tarentiner riefen den König
Pyrrhus zu Hilfe, dessen Reich Epirus jenseits des adriatischen
Meeres lag. Dieser führte mit seinem Heere Elefanten herüber;
auf dem Rücken derselben waren hölzerne Thürmchen befestigt,
von welchen herab je 16 Soldaten mit Lanzen und Pfeilen stritten.
Mit Hilfe dieser Thiere schlug er die Römer in der ersten Schlacht.
Aber sie hatten ihm doch solchen tapfern Widerstand entgegen-
gesetzt, dass er voll Bewunderung ausrief: „Mit solchen Kriegern
wollte ich die ganze Welt erobern!“ Gern hätte er Frieden ge-
schlossen; allein die Römer, obschon besiegt, verlangten stolz, dass
er ltalien räume, sonst könne von Frieden keine Rede sein.
Um die Gefangenen auszulösen, schickten die Römer den
Cajus Fabricius als Gesandten an Pyrrhus. Er war schon
Consul gewesen, aber ein ganz einfacher Mann und arm geblieben.
Er hatte nur einen Acker, den er selbst baute. Da der König
wusste, in welchem Ansehen Fabricius in Rom stand, so suchte er
ihn zu gewinnen, um durch ihn den ersehnten Frieden zu be-
wirken. Er bot ihm ein grolses Geschenk an, nicht um ihn zu etwas
Ungerechtem zu verleiten, sondern nur als Zeichen seiner lloch-
achtung, wie er sagte. Aber Fabricius wies es zurück mit den
Worten: „Wohl bin ich arm; aber dennoch bin ich glücklich. Be-
halte also dein Geld, und ich will meinen guten Namen behalten.“
Da beschloss der König, zu versuchen, ob die Furcht nicht mehr
über den Römer vermöge als der Glanz des Goldes. Am folgenden
Tage liels er einen seiner grölsten Elefanten heimlich in das
Zelt führen und hinter dem Vorhang aufstellen, vor welchem
Fabricius Platz genommen hatte. Auf ein gegebenes Zeichen wird
der Vorhang hinweggezogen, und der Elefant streckt mit fürchter-
lichem Gebrüll seinen Rüssel über den Kopf des Fabricius aus.
Der aber sagt ganz ruhig zum Könige: „So wenig mich gestern
dein Geld reizte, schreckt mich heute dein Elefant.“
Fabricius kehrte nach Rom zurück. Es kam zu einer neuen
Schlacht. Pyrrhus siegte zwar wieder, verlor aber so viele Leute,
dass er ausrief: „Noch einen solchen Sieg und ich bin verloren!“
Fabricius wurde jetzt Anführer der Römer. Da erhielt er einen
Brief, worin der Leibarzt des Königs sich erbot, gegen eine ange-
messene Belohnung seinen Herrn zu vergiften. Fabricius las den
Antrag mit edlem Unwillen und sandte den Brief an Pyrrhus,
damit er sich gegen die Verrätherei seines Arztes sichere. Voll
Bewunderung rief der König: „Wahrlich, eher wird die Sonne von
ihrer Bahn weichen, als Fabricius vom Pfade der Tugend.“ Er
liels den Arzt hinrichten, schickte aus Dankbarkeit den Römern
alle ihre Gefangenen ohne Lösegeld zurück und liels abermals um
Frieden bitten. Die Römer sagten: „Für die auch dem Feinde
schuldige Gerechtigkeit lassen wir uns nicht bezahlen!“ und sandten
eben so viele Kriegsgefangene zurück. Die Friedensverträge aber
wurden verworfen.
In einer dritten Schlacht wurde Pyrrhus geschlagen und floh
voll Bestürzung in sein Land zurück. Die Römer waren jetzt
Herren von ganz Italien. Noch blühte unter ihnen republikanische