Full text: Deutsches Lesebuch. Zweiter Theil. Realienbuch. (2)

240. Kurfürst Max Joseph III. 289 
Max Emanuel bestieg im Jahre 1679 den bahrischen Thron. 
Die blutigen Türkenkricge (1683.— 99) und die Kämpfe mit den Fran- 
zosen erwarben ihm unsterblichen Ruhm. Als Jüngling von 21 Jahren 
focht er heldenmüthig in den Reihen der Deutschen vor Wien gegen 
die Türken, und verdrängte dieselben in einem mehrjährigen Kampfe mit 
dem Beistande der Helden Karl von Lothringen und Prinz 
Eugen von Savoyen aus Ungarn. Die größte Tapferkeit aber 
bewies er bei der Belagerung und Eroberung der Stadt Belgrad.- 
Ein Heer von 60000 Mann Reichstruppen war vor die von den Türken 
besetzte Stadt gezogen. Am 6. September 1688 begann der Sturm 
unter der Führung Max Emanuels. Die Türken fochten mit dem Muthe 
der Verzweiflung. Schon hatten die Bayern die erste Bresche erstürmt, 
als ein tiefer Graben das Vordringen der Kühnen hemmte. Schnell ent- 
schlossen, schwang Max den Degen, und mit dem Rufe: „Bayern, mir 
nach!“ sprang er muthig in die Tiese. Begeistert folgten ihm die 
Seinen. Nach kurzer Gegenwehr der Türken waren die Pallisaden durch- 
brochen und die Wälle erobert. Max Emanuel nahm mit eigener Hand 
die Hauptfahne der Türken hinweg, die noch heute in der Hauptkirche zu 
München aufbewahrt wird. Todesschrecken ergriff die Türken, und im 
Verlause von zwei Stunden war Belgrad in den Händen Max Emanuels. 
Max Emanuel starb am 26. Febr. 1726, nachdem er seinem Sohne 
Karl Albert ans Herz gelegt hatte, des Landes Noth und Leiden zu 
lindern und zum Segen des Volkes zu regieren. 
240. Kurfürst Max Joseph III. 
Kurfürst Max Joseph lIII., der Sohn und Nachfolger 
des Kurfürsten Carl Albrecht VI. von Bayern, kam im Fohre 
1745 zur Regierung über Bayern und war nach Geist und Herz 
einer der edelsten und besten Fürsten des Jahrhunderts. Beim 
Antritte seiner Regierung waren durch Krieg die öffentlichen 
Kassen leer, die Unterthanen verarmt, die Quellen des Reichthums 
versiegt. Dieser allgemeine Nothstand verursachte dem guten 
Fürsten schwere Sorgen. Er verwendete die Einnahmen so 
sparsam als möglich, verringerte die Ausgaben bedeutend und 
traf zur allmählichen Tilgung der Landesschuld zweckmäßige 
Maßregeln. Dabei sorgte er für Neugestaltung der bayrischen 
Gesetzgebung und wußte hierdurch das Glück und die Wohlfahrt 
des Vaterlandes segensreich zu fördern. 
An Herzensgüte waren ihm wenige gleich, die je auf fürstlichen 
Thronen saßen. Seine Unterthanen nannte er seine Kinder, diese 
hießen ihn den guten Vater Maxz jedem stand sein liebevolles 
Lerz offen; jede Bitte fand Gehör und, wenn er's vermochte, 
ewährung; ungetröstet ging keiner von ihm. Aber des Fürsten 
herrlicher Geist waltete nicht in allen seinen Dienern; jo diese 
berbeimiichten ihm nicht selten die traurige Lage mancher Unter- 
anen. 
Ein erschütterndes Beispiel biesür mußte er in den 
Theuerungsjahren 1770 und 71 erfahren. Um hohe Preise war 
das meiste Getreide außer Land gegangen und so die durch 
Lesebuch für ungetheilte Vorksschulen. II. 18
	        
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