242. König Friedrich und sein Nachbar. 291
Provinzen erhielten zeitweilige Steuerfreiheit. Zur Beförderung
des Handels errichtete der König Fabriken und legte der-
selbe Kanäle an. Ueberall wurde Recht und Gesetz strenge
gehandhabt. Seine Thüre stand jederzeit den Unterthanen
offen, deren Wünsche und Beschwerden er leutselig anhörte.
Auch Künste und Wissenschaften wurden befördert. Die Ge-
schichte hat diesen Fürsten „den Grolsen“ genannt; der Volks-
mund aber heislst ihn gerne „den alten Fritz“.
242. König Friedrich und sein Nachbar.
Friedrich der Große hatte 8 Stunden von Berlin ein
schönes Lustschloß und war gerne darin, wenn nur nicht
ganz nahe dabei die unruhige Windmühle gewesen wäre.
Denn erstlich stehen ein königliches Schloß und eine Mühle nicht
gut nebeneinander, obgleich das Weißbrot auch in einem
Schlosse nicht übel schmeckt. Außerdem aber, wenn der
König in seinen besten Gedanken war und nicht an den
Nachbar dachte, auf einmal ließ der Müller seine Mühle
klappern und dachte auch nicht an den Herrn Nachbar, und
die Gedanken des Königs störten zwar das Räderwerk der
Mühle nicht, aber manchmal das Klapperwerk der Räder
die Gedanken des Königs. Der geneigte Leser sagt: Ein
König hat Geld wie Laub; warum kauft er dem Nachbar
die Mühle nicht ab und läßt sie niederreißen? Der König
wußte warum: denn eines Tages ließ er den Müller zu
sich rufen. „Ihr begreift,“ sagte er zu ihm, „daß wir zwei
nicht nebeneinander bestehen können. Einer muß weichen.
Was gebt Ihr mir für mein Schlößlein?“ Der Müller
sagte: „Wie hoch haltet Ihr es, Herr Nachbar?“ Der
König erwiderte ihm: „Wunderlicher Mensch, so viel Geld
habt Ihr nicht, daß Ihr mir mein Schloß abkaufen könnt.
Wie boch haltet Ihr Eure Mühle?" Der Müller erwiderte
ihm: „Gnädigster Herr, so habt ihr auch nicht so viel Geld,
daß Ihr mir meine Mühle abkaufen könnt. Sie ist mir
nicht feil.“ Der König that zwar ein Gebot, auch das
zweite und dritte, aber der Nachbar blieb bei seiner Rede:
„Sie ist mir nicht feil. Wie ich darin geboren,"“ sagte er,
„so will ich auch darin sterben, und wie sie mir von meinem
Vater erhalten worden ist, sollen meine Nachkommen sie von
mir erhalten und auf ihr den Segen ihrer Vorfahren ererben."“
Da nahm der König eine ernsthafte Sprache an. „Wißt
Ihr auch, guter Mann, daß ich gar nicht nöthig habe, viele
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