296 247. Deutschlands Erhebung.
Berezina (spr. Beréesina) an. Zwei Brücken stellten die
Verbindung mit dem jenseitigen Ufer her. Aber hier
sollte das Unglück den höchsten Grad erreichen. Auf den
nächsten Höhen standen nämlich die Russen und feuerten
ununterbrochen auf die Fliehenden. Ein fürchterliches
Gedränge entstand auf den Brücken. Jeder wollte sich
retten, 320 lange noch Rettung möglich war. Doch die
Geländer brachen; viele stürzten hinunter ins Wasser,
andere wurden von den Kanonen überfahren; zuletzt
brach eine Brücke und Unzählige wurden in den Fluten
begraben. Alle, die das rettende UDfer nicht erreicht
hatten, geriethen in russische Gefangenschaft.
Am 5. Dezember verliels Napoleon den traurigen
Rest seines Heeres und durchjagte in einem einfachen
Schlitten die russischen Schnecefelder. Mit Napoleons
Flucht wich alle Zucht und Ordnung im Heere; Sol-
daten, Offiziere, Generale, alle waren nur auf Rettung
ihres eigenen Lebens bedacht. Von dem grolsen, ge-
waltigen Heere, das nach Russland gezogen war, kehrte
etwa der zwanzigste Theil gesund und waftenfähig zurück.
247. Deutschlands Erhebung.
Das unerwartete Schicksal des gewaltigen Herrschers
war den Völkern ein Zeichen des Himmels, daß die Stunde
ihrer Befreiung gekommen. König Friedrich Wilhelm III.
von Preußen schloß mit dem Kaiser Alexander von Ruß-
land ein Bündniß gegen Napoleon; zugleich erließ er einen
Aufruf an sein Volk und gab dadurch das Zeichen zu einer
allgemeinen Erhebung. Bald glich ganz Preußen einer
großen Waffenstätte. Alle Kräfte regten sich in neuer Luft
und Frische. Jünglinge, die kaum wehrhaft waren, Männer
mit grauem Haarc, Väter von zahlreichen Familien, Ge-
schäftsleute, Gelehrte und reiche Gutsbesitzer — alle eilren
zu den Waffen; alle wollten sich üben und rüsten, alle
streiten und sterben für das Vaterland. Wer nicht mit-
ziehen konnte, der reichte Unterstützung; wer nichts zum
Geben hatte, bot die Arbeit seiner Hände. Keiner wollte
hinter dem andern zurückbleiben. Bald war eine allgemeine
Landwehr aufgestellt. Ihr zur Seite bildeten sich Freicorps.
Unter den letztern erwarben sich besonders die Lützo w'schen
Jäger einen glänzenden Namen in der Geschichte dieser ruhm—
reichen Tage.