Full text: Deutsches Lesebuch. Zweiter Theil. Realienbuch. (2)

316 264. Verfolgungen der Christen. 
Rom aus verbreitete sich die Verfolgung weiter; auch in 
Spanien soll damals schon Christenblut geflossen sein. 
Man rechnet im ganzen zehn große Verfolgungen, 
die in den drei ersten Jahrhunderten des Christenthums 
ausgebrochen sind und manchmal viele Jahre hindurch ange- 
dauert haben. Eine der schrecklichsten derselben fand unter dem 
Kaiser Decius vom Jahr 249—251 statt. Die Christen 
hatten fast ein halbes Jahrhundert vorher in Ruhe gelebt, 
und diese Ruhe hatte sie sicher und lau werden lassen. 
Origenes, ein ausgezeichneter Lehrer jener Zeit, klagt sehr 
darüber. „Einige,“ sagt er, „kommen zur Kirche nur an 
hohen Festtagen und alsdann nur fast zum Zeitvertreibe. 
Einige gehen heraus, sobald die Predigt geendigt ist, ohne 
mit den Lehrern zu reden oder ihnen Fragen vorzulegen; 
andere hören nicht ein einziges Wort, sondern stehen in einem 
Winkel der Kirche und plaudern mit einander.“ — Da kam 
die Verfolgung im Jahr 250 plötzlich wie ein Wetter über 
sie und schreckte sie aus ihrer Sicherheit auf. Decius wollte 
das Christenthum völlig ausrotten. Durch einen kaiserlichen 
Befehl wurden die Christen im ganzen Reich aufgefordert, 
an einem bestimmten Tag vor der Ortsobrigkeit zu erscheinen 
und den Götzen zu opfern. Nicht wenige, besonders Reiche 
und Vornehme, gehorchten. Andere ergriffen die Flucht 
und wurden dann ihres Vermögens beraubt. Bei denen, 
welche geblieben waren, wandte man alle mögliche Mittel 
an, um sie zum Abfall zu bringen. Durch Kerker und 
Bande, Schläge und Steinigung, Feuer und Schwert, Hunger 
und Durst und unzählige andere Martern wollte man sie 
zwingen, ihren Glauben zu verleugnen. Einige ließen sich 
auch dazu bewegen; andere hielten sich anfangs stand- 
haft, fielen aber später ab; viele aber überwanden Qual 
und Tod um dessen willen, der sie geliebt hatte bis in den 
Tod. „Der Herr wollte sein Volk prüfen,“ schreibt der Bischof 
von Karthago, Cyprianus, der später selbst als Märtyrer 
starb. „Weil ein langer Friede die uns von Gott befohlene 
Zucht verdorben hatte, so hat die Züchtigung unsern Glauben 
wieder geweckt, der beinahe eingeschlafen war." 
Die letzte und furchtbarste Verfolgung der Christen 
begann unter dem römischen Kaiser Diokletian und dauerte 
acht Jahre. Alle christlichen Kirchen sollten zerstört, alle 
Handschriften der Bibel ausgeliefert und verbrannt werden; 
die Bürger, welche Christen geworden, sollten ihre Rechte
	        
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