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265. Johannes Huß.
Frühe schon gelangten in der christlichen Kirche die
Bischöfe von Alcxandrien, Antiochien, Jerusalem, Kon-
stantinopel und Rom zu großem Ansehen. Zu Ende des
4. Jahrhunderts waren die einflußreichsten und mächtigsten
Bischöfe die Patriarchen zu Konstantinopel und Rom. Letz-
teren gelang es allmählich, die Oberherrschaft über die Kirche
zu erringen (Papstthum), dann — namentlich durch die Ge-
setze des Papstes Gregor VII. — die Kirche vollständig un-
abhängig vom Staate zu machen und endlich dieselbe
über den Staat und sich selbst über die Könige zu erheben.
Aber dieser Sieg gereichte der Kirche nicht zum Segen.
Die Päpste nahmen oft mehr auf die Befestigung ihrer Macht
und auf den Erwerb irdischer Schätze als auf das Seelen-
heil der Christen Bedacht. Apostolische Einfachheit, evange-
lische Heiligung, gründliche Erkenntniß christlicher Wahrheit
war eine große Seltenheit geworden, und nicht selten hatten
ote wahren Jünger des Herrn von Seite kirchlicher Macht-
haber grausame Verfolgungen zu erdulden.
Unter den Zeugen der evangelischen Wahrheit vor der
Reformation leuchtete durch die Treue in seinem Bekenntnisse
und durch die ruhige Standhaftigkeit, mit der er in der er-
kannten Wahrheit bis in den Tod verharrte, besonders
Johannes Huß (geb. 6. Juli 1373) hervor. Er war
ein frommer und gelehrter Professor und Prediger zu Prag.
Der Schmerz über das Verderbniß der Kirche veranlaßte
ihn, gegen das unwürdige Leben der Geistlichen, aber auch
gegen manche Irrlehren und Mißbräuche, die in der Kirche
eingerissen waren, aufzutreten. Insbesondere tadelte er,
daß den Nichtgeistlichen (Laien) der Kelch im hl. Abendmahle
entzogen werde; auch lehrte er, daß das Wort Gottes höhere
Geltung habe, als das der Päpste und der Kirchen-
versammlungen (Concile). — Damals gab es zu gleicher
Vett drei Päpste, die mit cinander in hartem Streite lagen.
iesem Aergernisse ein Ende zu machen, berief der Kaiser
Sigismund ein allgemeines Concil, das im Jahre 1414 zu
Kostnitz oder Konstanz am Bodensce abgehalten wurde. Hier
sollte auch Huß vernommen werden; man sicherte ihm zu,
daß er sich frei verantworten dürfe. Kaiser Sigismund ver-
sprach ihm freies Geleit, und Huß erschien in Konstanz.
Bald wurde er hier aber gefangen gesetzt und, da er nicht