267. Beginn der Reformation 321
vorhabe. Staupitz hatte selbst den Frieden Gottes
im Glauben an den Heiland gefunden und wusste den
Verzagenden mit dem Troste des Evangeliums zu er-
quicken. Er entband ihn von den niedrigen Kloster-
diensten und gebot ihm, sich ganz den Studien zu
widmen. Mit freudigem Eifer studirte Luther von nun
an die hl. Schrift, dazu die Schriften des heiligen Augu-
stinus, jenes grolsen Kirchenvaters des fünften Jahr-
hunderts, der auch allein im Glauben an Christi Ver-
dienst die Gerechtigkeit gefunden, die vor Gott gilt,
und von dessen Lehren die Kirche damals so weit sich
entfernt hatte.
Als der Kurfürst von Sachsen Friedrich der
Weise für seine (1502) neuerrichtete Universität Wit-
tenberg tüchtige Professoren suchte, empfahl ihm Stau-
pitz Luthern, und dieser zog 1508 als Professor der
Philosophie nach Wittenberg. Im folgenden Jahre be-
gann er auch theologische Vorlesungen zu halten und
zu predigen, beides mit ausserordentlichem Beifalle; denn
was er vortrug, ging von Herzen zu Herzen; war es
doch aus der lauteren Quelle des göttlichen Wortes ge-
schöpft, auf das er seine Zuhörer immer hinwies. Der
Kern seiner Lehre war die Gerechtigkeit aus dem Glauben.
Er selbst bethätigte diesen Glauben durch einen gott-
seligen Wandel.
Auf einer Reise nach Rom 1510, die er im Auf-
trage seines Ordens machte, sah er in dieser Stadt, die
er für den Sitz aller Heiligkeit gehalten, vielerlei Un-
Sittlichkeit und Unchristlichkeit, wodurch seine Ehrfurcht
vor der heiligen Stadt und ihrem Haupte, dem Papste,
sehr erschüttert wurde.
Im Jahre 1512 wurde Luther Doctor der heiligen
Schrift und Prediger an der Stadtkirche zu Wittenberg.
267. Beginn der Reformation.
Seitdem Johannes Huß sein Leben in den Flammen des
Scheiterhaufens hatte aufopfern müssen, hat sich in der Christen-
beit Manches begeben, was den hergebrachten Glauben an die
einheit und Wahrheit der damaligen Kirchenlehre erschütterte.
Unter allen Ständen in Deutschland herrschte eine Verstimmun
und zunzusriedenheit über sürbd iche Zustände. Viele hatten sich
in ihrem Herzen von der Kirche losgesagt und hielten sich nur
,# 147