268. Luther auf dem Reichstage zu Worms. 323
eine stäte, unaufhörliche Buße sei;“ der 32ste Satz: „Die werden
sammt ihren Meistern zum Teufel fahren, die da meinen, durch
Ablaßbriefe ihrer Seligkeit gewiß zu sein.“ Wie ein Blitz zün-
deten diese Sätze in aller Gemüther. Luthers Kühnheit erregte
allgemeines Erstaunen und bei vielen Freude und Hoffnung. Er
selbst erschrak über die gewaltige Bewegung, die seine That her—
vorrief; weder er selbst, noch sonst Jemand ahnete es, daß dies
der Anfang der von den Völkern längst ersehnten Kirchenver—
besserung (Reformation) war.
Papst Leo achtete anfangs der Aufregung nicht; er hielt
den Streit für bloßes Mönchsgezänk, und Luther, der nicht
glauben konnte, daß die Ablaßkrämer in des Papstes Sinne
handelten, schrieb an ihn, um ihn von dem wahren Sachverhält-
nisse in Kenntniß zu setzen. Da forderte ihn der Papst vor
seinen Richterstuuh nach Rom. Aber Kurfürst Friedrich der
Weise, der für Luther Schlimmes fürchtete, erwirkte, daß er
sich in Augsburg vor einem päpstlichen Gesandten verant-
worten dürfe. Hier forderte dieser nichts als Widerruf;
aber den wollte Luther nicht leisten, da er aus Gottes Wort
die seligmachende Ueberzeugung gewonnen hatte, daß der Mensch
die Gerechtigkeit und Seligkeit nicht durch des Gesetzes Werke,
noch weniger durch von der Kirche auferlegte Büßungen und
sonstige gute Werke erlange, sondern allein durch den Glauben
an das vollgiltige Verdienst unsers Herrn und Heilandes Jesu
Christi, welcher Glaube allein herzliche Reue und Sinnesänderung
(Buße, Bekehrung) schaffe.
Als Luther merkte, daß der Papst für das Wort der
evangelischen Wahrheit kein Ohr hatte, fing er an, das gött-
liche Ansehen des Papstthums in Zweifel zu ziehen; ja er
behauptete, das Wort der hl. Schrift stehe hoch über des
Papstes Satzungen. Da sprach der Papst, am 15. Juni 1520,
den Bannfluch über Luther aus; aber dieser verbrannte öffent-
lich und feierlich die Bannbulle vor dem Elsterthore zu Witten-
berg am 10. Dez. 1520.
268. Luther auf dem Reichstage zu Worms.
Unterdessen war Kaiser Maximilian (1519) gestorben, und
sein Enkel, Karl V., auf den deutschen Thron erhoben
worden. Ihm lag am UHerzen, die Glaubensspaltung in
Deutschland zu beseitigen; desshalb lud er Luther zur Verant-
wortung auf den Reichstag zu Worms, und versprach
ihm freies Geleit. Luthers Freunde waren besorgt; denn
man dachte an das Schicksal des Huss. Er aber gehorchte
dem kaiserlichen Befehle, obgleich er kaum von einem Fieber
genesen war. Seinem Freunde Melanchthon sagte er zum