271. Luther in seinem häuslichen Leben und im Sterben. 329
zu Speier 1529 wurde beschlossen, die sogenannte neue
Lehre faue einstweilen nur geduldet, nicht weiter verbreitet
werden. Dagegen protestirten die Evangelischen, und deshalb
erhielten sie den Namen Protestanten.
Im I. 1530 berief Kaiser Karl einen Reichstag nach
Augsburg, um den Kirchenstreit friedlich beizulegen. Er
befahl den Protestanten, ihm schriftlich zu überreichen,
was sie eigentlich glaubten; und nun verfaßte in ihrem
Auftrage der hochgelehrte und fromme Freund Luthers,
Philipp Melanchthon, die Denkschrift, welche unter
dem Namen „ Augsburgische Confession (Glaubens-
bekenntniß)“" weltberühmt geworden ist. Sie wurde am
25. Juni 1530 öffentlich und laut vor Kaiser und Fürsten
verlesen. Der Reichsabschied jedoch verwarf die „lutherische
Ketzerei" und verbot die fernere Ausbreitung derselben bei
Reichsstrafen.
Luther hatte nicht auf diesem Reichstage erscheinen dürfen;
er war im Bame und in der Acht. Er weilte indeß zu
Koburg, leitete von da aus die Verhandlungen seiner Freunde
auf dem Reichstage und dichtete sein Bußlied: „Aus tiefer
Noth schrei' ich zu dir“ (Ps. 130). Hier sang er auch täglich
das Glaubenslied: „Ein feste Burg ist unser Gott" (Ps. 46).—
271. Luther in seinem häuslichen Leben und im
Sterben.
Luther war freigebig, wie selten ein Reicher, und
schützte, während er allerwegs die Noth seiner Nächsten
zu lindern beflissen war, seine eigene Familie allzu-
wenig vor einer sorgenvollen Zukunft. Als ihn einer
seiner Freunde erinnerte, er möchte doch wenigstens
zum Besten seiner Familie ein kleines Vermögen sammeln,
gab er zur Antwort: „Das werde ich nicht thun; denn
sonst verlassen sie sich nicht auf Gott und ihre Hände,
sondern auf ihr Geld.“
Nothleidenden gab Luther, so lange er etwas be-
sass, ja man kann sagen, auch dann noch, wenn er
nichts mehr hatte, wie folgende Beispiele beweisen
werden. Einst kam ein Mann, der sich in Geldnoth
befand, auf Luthers Studierzimmer und bat ihn um eine
Unterstützung. Es gebrach Luther aber gleichfalls an
Geld; da er doch gerne helfen wollte, besann er sich,