Full text: Deutsches Lesebuch. Zweiter Theil. Realienbuch. (2)

275. Der dreißigjährige Krieg und Gustav Adolf. 337 
zurück. Aber die protestantischen Fürsten waren so 
furchtsam vor der Heeresmacht des Kaisers, so misstrauisch 
gegen den ausländischen König, dass sie lange zögerten, 
sich an Gustav anzuschlielsen. Die ängstlichen Kurfürsten 
von Brandenburg und Sachsen verweigerten ihm geradezu 
den Durchzug durch ihr Land. Daher konnte Gustav das 
hartbedrängte Magdeburg nicht retten. Die blühende, 
evangelische Stadt wurde 1631 von Tilly erobert. lhr 
Schicksal war furchtbar. Als die wilden Kriegsscharen 
raub- und mordgierig im Sturm eindrangen, erfolgte 
ein Blutbad, wie es noch keine deutsche Stadt in ihren 
Mauern gesehen hatte. Die ganze Stadt ging in Flammen 
auf, binnen 10 Stunden war sie in einen wüsten Schutt- 
haufen verwandelt. Von 30000 Einwohnern retteten kaum 
1500 ihr Leben. 
Endlich suchte der Kurfürst von Sachsen Rettung 
bei Gustav Adolf, und dieser schlug mit dem vereinigten 
schwedisch-sächsischen Heere die Kaiserlichen unter Tilly 
bei Leipzig, folgte diesem dann nach Bayern und besiegte 
ihn abermals am Lech. Da wandte sich der Kaiser in 
seiner grolsen Noth an seinen früheren Feldherrn 
Wallenstein; aber erst nach langem Zögern gab der 
stolze Mann den flehentlichen Bitten des Kaisers nach. 
Er warb ein Heer, das ihm allein gehören sollte, dem 
der Kaiser nichts zu sagen hatte, bei dem er nicht ein- 
mal erscheinen durfte. 
Bei Nürnberg trafen beide Heere zusammen und 
standen monatelang verschanzt einander gegenüber. 
Wallenstein wagte keine Schlacht; Gustav suchte ver- 
geblich Wallensteins festes Lager zu erstürmen. Endlich 
zogen sowohl die Schweden wie die Kaiserlichen davon. 
Wallenstein wandte sich gegen Sachsen. Schreckliche 
Verheerungen, Raub, Brand und Mord bezeichneten 
seinen Weg. Rasch eilte der Schwedenkönig ihm nach. 
Auf seinem Zuge durch Sachsen empfing ihn das Volk 
wie einen rettenden Engel. Von allen Seiten drängte 
es sich jubelnd um ihn her, fiel vor ihm auf die Kniee 
und suchte die Scheide seines Schwertes, den Saum seines 
Kleides zu küssen. „Ach,“ sagte der König traurig, 
ich fürchte, dass mich Gott wegen der Thorheit dieser 
Leute strafen werde. Ist es nicht, als ob sie mich zu 
ihrem Abgott machten? Wie leicht könnte der Gott, 
Lesebuch für ungetheilte Volksschulen. II. 15 p.
	        
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