Full text: Deutsches Lesebuch. Zweiter Theil. Realienbuch. (2)

36 29. Die Kartoffelpflanze. 
die Gefäße des Grasblattes erstrecken sich alle in die Länge; 
ein Adernnetz fehlt ihm. An der Spitze des Halmes befindet 
sich die Blüre. Ein Blütenstand, wie ihn die Gräser haben, 
wird eine Aehre genannt. Der gemeinschaftliche Stiel, an 
welchem sich die einzelnen Blütchen befinden, heißt Spindel. 
An dieser befinden sich zwei Reihen Nebenährchen. Jedes 
Aehrchen enthalt zwei Blüten. Diese werden von zwei Klappen 
umschlossen, welche den Kelch der Blüte bilden, aber nicht Kelch, 
sondern Balg oder Kelchspelzen genannt werden. Die ein- 
zelnen Blütchen sind wieder von zwei häutigen Körpern mit 
zwei Blumenschuppen umgeben. Diese Umhüllung vertritt bei 
den Gräsern die Blumenkrone, und die zwei Theile derselben 
heißen Blütenspelzen. 
Wir bemerken zwischen den Blütenspelzen den Frucht- 
knoten mit zwei pinselförmigen Narben, und drei Staub- 
fäden mit Staubbeuteln, die wie gelbliche Klöpfel aus der 
Blüte heraushängen. An der unteren Spelze jeder Blüte 
befindet sich ein langer, borstenartiger Körper, welcher Granne 
genannt wird. 
Die Samenkörner, welche sich aus den Fruchtknoten bilden, 
sind bläulich, länglich, unten spitz, oben stumpf. 
Man unterscheidet Winterkorn und Sommerkorn. 
Das Winterkorn wird im Herbst gesät. Es überwintert unter 
dem Schnee, blüht im Juni des nächsten Jahres und wird im 
Juli oder August reif. Das Sommerkorn wird im Frühjahre 
gesät, und seine Frucht reift noch in demselben Sommer. Die 
Wurzel des Winterkorns ist zweijährig, die des Sommerkorns 
einjährig. 
Die Körner des Roggens liefern uns das tägliche Brot. 
Das Roggenstroh verwendet man als Streu für das Vieh, oder 
zu Häcksel geschnitten als Viehfutter. Auch werden Backschüsseln 
und andere Geflechte daraus verfertigt. 
In nassen Jahren entstehen an einzelnen Aehren giftige 
Pilze, welche in Gestalt schwarzer Kolben aus der Aehre hervor- 
ragen und vom Landmanne Mutterkorn genannt werden. 
Der Roggen soll durch die Mongolen, ein asiatisches Volk, 
nach Europa gekommen sein. Unsere Bäter, die alten Deutschen, 
kannten ihn so wenig wie den Weizen. Sie banten nur Gerste 
und Hafer. 
29. Die Kartoffelpflanze. 
Außer dem Brote bildet bei uns die Kartoffel ein haupt- 
sächliches Nahrungsmittel. Daher wollen wir die Kartoffelpflanze 
einer eingehenderen Betrachtung unterwerfen! Wer es mit der 
Unterscheidung der Pflanzen nicht genau nimmt, der sagt, die 
Kartoffelpflanze gehöre zu den Kräutern. Und er hat recht.
	        
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