61. Der Walfisch. 67
ist mit einem meterdicken Speckwall umlagert und mit einer
zähen sammtartigen Haut überzogen, die oben schwarz und
unten weißlich ist. Der Kopf nimmt ½ der Leibeslänge ein;
in dem weiten Maule hat ein Boot mit seiner Mannschaft Platz.
Die Augen über den Mundwinkeln sind nicht größer als Ochsen-
augen. Aus den Spritzlöchern auf der höchsten Stelle des Kopses
bläst das Ungethüm Dampf= und Wasserstrahlen, die von fern
wie die dampfenden Schlöte einer Fabrikstadt aussehen. Die Ohr-
muscheln felen: der Gehörgang ist eng und verschließbar. Im
Oberkiefer stehen Hunderte von Fischbeinbarten; das sind lange,
biegsame Hornplatten mit gefranstem Rande. Die unbewegliche,
dicke Zunge ist so thranig, daß ein Mann darin versinken würde
wie in einem Federbette.
Die Heimat des Walfisches sind die eisfreien nördlichen
Meere zwischen Europa und Amerika; an nahrungsreichen Stellen
sammeln sie sich herdenweise. Bald fahren sie in ruhiger Ma-
jestät durch die Tiefe; bald segeln sie mit der Schnelligkeit
des Dampfers an der Oberfläche; bald spielen sie wie lustige
Riesenkinder umher, bäumen sich hoch auf wie Rosse, stellen
sich auf den Kopf und strecken die Schwanzfinne gen Himmel;
bald peitschen sie das Meer zu Schaum oder schwimmen schlafend
wie Leichen auf dem Meere. Unter dem Wasser halten sie's
nur einige Minuten aus.
Ihre Nahrung besteht in allerlei kleinen Meerthieren; für
große ist der Schlund zu eng. Will das Ungethüm Mahlzeit
halten, so nimmt es ein Maul voll Wasser mit all seinen zappeln-
den Dewohnern. stößt das Wasser durch die Lippen, fängt aber
die Thier ein zwischen den Fransen der Barten wie in einem
iebe.
Um Thran und Fischbein zu gewinnen, segeln alljährlich
rWi- von Walfischfängern in die kalten Meere und machen
agd auf die Riesenthiere. Ist ein Walfisch entdeckt, so nähert
sich ihm vorsichtig ein bemanntes Boot. Plötzlich saust eine
Harpune dahin, dringt tief ins Fleisch und hakt sich mit den
Oderhaken darin fest. Wie ein Pfeil schießt das getroffene Thier
senkrecht in die Tiefe und rollt dabei das Seil der Harpune
ab, oft so schnell, daß man dasselbe zerhauen muß, um nicht
mit dem Boote in die Tiefe gerissen zu werden. Nach einigen
Minuten kommt der verwundete Wal wieder an die Oberfläche,
um Luft zu schöpfen. Wiederum werden Harpunen auf ihn ge-
schleudert. Durch den Blutverlust wird das Thier immer schwächer,
bis es verendet. Hierauf schneidet man den Speck und die Zunge,
welche ausgeschmolzen sehr viel Thran liefern, sowie die Barten
heraus und überläßt das Uebrige den Raubthieren.
Der Walfisch ist seig. Ein Plätschern im Wasser und der
sausende Flug eines Vogels scheuchen ihn in die Tiefe. Rührend