69. Wandersmann und Lerche. — 70. Die Bachstelze. 75
Ihr Nest baut sie aus dünnen Grashalmen und aus HRaaren
in die Furchen der Getreidefelder hinter eine Erdscholle. Sie
sucht dasselbe zu verbeimlichen; denn sie fliegt immer nur
an einer vom TNeste ziemlich weit entfernten Stelle des Acckers
nieder oder auf. Sie brütet jährlich zweimal 4 bis 6 Eier aus.
Findest du zufällig ein Nest mit hübsch punktirten Siern oder
gar Jungen darin, so schone seiner; denn es sind gar liebe
Sänger des Herrn, die darinnen wohnen!
69. Wandersmann und Lerche.
Lerche, wie früh schon fliegst du
jauchzend der Morgensonne zu?
„Will dem lieben Gott mit Singen
Dank für Leben und Nahrung bringen:
das ist von Alters her mein Brauch:
Wandersmann, deiner doch wohl auch?“
Und wie so lant in der Luft sie sang,
k5 und wie er schritt mit munterem Gang,
war es 8s0o froh, so hell den zwei'’n
im lieben klaren Sonnenschein,
und Gott der Herr im Himmel droben
hörte gar gern ihr Danken und Loben.
70. Die Bachstelze.
Siehe, da kommt eine Bachstelzel!") Welch ein allerliebstes
Dögelchen! Wie einfach, und doch wie nett und kleidsam ihre
Tracht! Zläulichgrau ist das Röcklein, weiß das Mieder,
schwarz der Raubenstreif, der den Tacken hbinabgeht, schwarz
mit weißem Saume die lange Schleppe. Oben am Dach-
giebel der Wrühle stebt ihr kunstloses, aber reinliches Teest.
Rier singt sie ihre einfachen Melodien, mit denen sie die
sanfteren Stimmen der Grasmücke und des Ränflings über-
tönt. Hlötzlich fährt sie Binab. Jetzt läuft sie mir mitten im
Hofe ungescheut vor den Füßen umher, jagt zierlich trippelnd
der Kliege nach, dabei immer mit dem Köpschen nickend und
mit dem rastlosen Schwänzchen auf= und abschnellend. Tlicht
lange, so schießt sie über den Teich dem Felde zu unkd folgt
emsig und nie gesättigt dem Ofluge, der ihr aus dem Acker
Larven und Mürmer in Menge zuwirft. Oder sie läßt sich
auf den Uferwiesen nieder, wo die Rinder weiden, denen sie
dreist die Insekten vom Rücken weg liest. Kommt die Bachstelze
*) Das Wort Stelze, ursprünglich Sterte, bezeichnet den langen,
schmalen Schwanz des Vogels, den derselbe am Bache dahinlaufend
sortwährend auf und nieder bewegt.
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