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fremder Interessen zu seyn. Sollte es Unabhaͤngigkeit und
Daseyn nicht mehr, wie ein Almosen empfangen, mußt
es sein Recht auf eigne Staͤrke begruͤnden koͤnnen.
Dieß zu können, traf Kurfürst Marimilian alle
Verfügungen, die ganze Lebenskraft seines Staats in
wohlgeordnete Regsamkeit zu setzen; oder vielmehr er
fuhr nur in dem fort, was er schon begonnen, und
was nur der ihn übereilende Krieg unterbrochen hatte.
Schon unterm 20sten Mai 1801, gleich nach geschlos-
senen Frieden, hatte er die Zweige der Staatsverwal-
tung unter vier Ministerien getheilt, und sich die Leitung
des Heerwesens selbst vorbehalten. Verjüngte Thätig=
keit ward bald überall sichtbar.
Das weite Donau-Moos, zwischen Ingolstadt und
Neuburg, welches 56,000 Tagwerke unbenutzbaren Bo-
dens umfaßte, mußte mit Abzugsgraben durchschnitten
und entsumpft werden. — Eine zur Urbarmachung dder
Gründe, durch fünf und zwanzigjährige Zehentfreiheit,
ermunrernde Verordnung bewirkte das Unglaubliche. Bin-
nen anderthalb Jahren sah man 121,000 Tagwerke ver-
wilderten Bodens urbar gemacht, 405 große Güter zer-
theilt, 870 neue Häuser erbaut, und von 630 Landwirth=
schaften, die bisher zerstreuten Grundstücke in ein Gan-
zes zusammengerundet. Ueberall ward der Landmann
begünstigt; auf den Staatsgütern die Leibeigenschaft
vernichtet. Dem menschlich= schonen Beispiele der Re-
gierung folgten die Grafen von Preysing und Tör-
ring= Seefeld, und der ehrende Dank ihres Landes-
fürsten belohnte sie neben dem Gefähl ihrer edelsinnigen
Thar. Auch Baierns altes, mit Blut geschriebenes Ge-
setzbuch mußte in die allgemeine Verwandlung herüber-