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Der russische General Graf Wittgenstein hatte
indessen aber seinen Zug fortgesetzt, in der Absicht, zu-
gleich mit dem unter dem Markis Paulucci von Riga
ausgezogenen größten Theil der dortigen Besatzung, die
Memel, früher als der Feind, zu erreichen. Er erlangte
seinen Zweck in soweit, daß die zum Vortrab gehdrigen
Abtheilungen Diebitsch, Kutusow und Schepelew
die längs der Memel liegenden Kreise mit Uebermacht be-
setzt hatten. Wenn schon diese Russen nicht im Stande
waren, den Zug des Marschalls Macdonald mit ei-
nem Theile seines Heeres zu verhindern, gelang es ihnen
doch, sich zwischen die Preußen unter YDork und die bei-
den ihnen voranziehenden Colonnen zu werfen. Der Mar-
kis Paulucci rückte am 27. Decembers bis Memel,
welches unvertheidiget den Russen übergeben wurde.
Während dessen war General York, derselbe wel-
cher aus so vielen Gefechten ehrenreich heimgekehrt war,
mit dem russischen General Diebitsch, Generalquar-
tiermeister des Wittgensteinischen Heers in Unter-
handlungen getreten. Er hatte die Wichtigkeit des Au-
genblicks erkannt. Jetzt oder nie mußte das preußische
Volk sich entscheiden, ob es fernere Schmach ertragen,
oder die augenblickliche Ohnmacht seines Unterdrückers be-
nutzen wolle, dessen Joch abzustreifen. Am 30. Decem-
bers 1812 wurde die folgenschwere Uebereinkunft bei Tau-
rogen, in der Poscherauer Mühle, zwischen den Genera-
len Diebitsch und YDork abgeschlossen. Und wenn es
die nachfolgenden Geschlechter vielleicht schon längst ver-
gessen haben werden, daß der preußische Feldherr, indem
er die Grenzen militärischen Gehorsams kühn übercchritt,
sich dem Tadel manches strengen Richterö hingab, sie wer-
den es nicht verkennen, daß Dork es war, welcher das
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