Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.1. Das Staatsrecht des Königreichs Bayern. (1)

811. Die Rechte der Unterthanen. 89 
Die dem Hausrecht innerlich verwandte Unverletzlichkeit des Brief= (Post- 
geheimnisses, welche gleichfalls in der bayerischen V.-U. keine Erwähnung gefunden 
hatte, beruht in ihrer prinzipiellen Anerkennung ebenso auf reichsrechtlicher Be- 
stimmung (Reichspostges. vom 28. Okt. 1871 8§ 5) wie dies der Fall ist hinsichtlich 
der im Interesse der Rechtspflege allein rechtlich zulässigen Ausnahmen von demselben 
(R.-St.-P.-O. § 99 ff. Konk.-Ord. § 111). Gleich den Fällen schwererer Verletzung 
des Vostgegiimnife (88 354, 358) ist auch die Verletzung des Telegraphen- 
geheimnisses im Strafgesetzbuch mit besonderer Strafe bedroht (88 355, 358) und 
damit auch dem letzteren die reichsrechtliche Anerkennung gewährt ). 
Wie die Durchsuchung zur Beschlagnahme von Sachen führen oder um 
solcher willen überhaupt vorgenommen werden kann, so ist die rechtmäßige Ver- 
letzung des Post= und des Telegraphengeheimnisses mit Beschlagnahme von 
Postsendungen und Telegrammen verbunden. Andererseits liegt in der rechtlichen Zu- 
lässigkeit der Beschlagnahme, auch wenn sie nur zu vorübergehenden Zwecken erfolgt, 
doch immerhin eine Modifikation des verfassungsmäßigen Grundsatzes der Sicherheit 
des Vermögens, soferne eben mit der Ausführung der Beschlagnahme eine Be- 
schränkung der Verfügung über Vermögensbestandtheile gegeben ist. 
2. Sicherheit des Eigenthums und der Rechte. Der in der bayerischen 
V.-U. Tit. IV. 8 8 Abs. 1 anerkannte Grundsatz der Sicherheit des Eigenthums 
und der Rechte stellt sich aber freilich, soferne in ihm nicht das Versprechen staat- 
lichen Schutzes enthalten ist, vor Allem als ein Verbot willkürlicher Entziehung 
dar. In diesem Sinne ist als Folgesatz aus diesem Grundsatze der Sicherheit des 
Eigenthums und der Rechte die schon in anderem Zusammenhange (oben S. 62) 
besprochene Bestimmung CTit. IV. 8 8 Abs. 4) in die V.-U. ausgenommen worden, daß 
Niemand gezwungen werden darf, sein Privateigenthum, selbst für öffentliche Zwecke, 
abzutreten, als nach förmlicher Entscheidung des Staatsrathes und nach vorgängiger 
Entschädigung. In gleichem Sinne ertheilt die B.-U. in Tit. VIII. § 5 die Zusiche- 
rung: „der Königliche Fiskus wird in allen streitigen Privatrechts-Verhältnissen bei 
den Königlichen Gerichtshöfen Recht nehmen“ 2), und fügt sie derselben sofort das Berbot 
der Vermögensconfiskation bei (Tit. VIII. 8 6)2½. 
Abs. 6. Anders die oben S. 88 erwähnten Bestimmungen vom 16. Fbr- - Sö- 10, 28. Juli 1879, 
Ziff. ' und 12. August 1879 Ziff. 11. Ulbrich in diesem Handb. 1 ff. spricht mit 
Rücksicht auf solche Fälle von einem Schriftengeheimniß ineben * er 
gl. auch § 2 der bayer. elegrapfenordnung vom 21. Sept. 1880 (G.= u. V.-B 70 ff.) 
Die Disciplinarstrafbestimmungen im Ausf.-Ges. zur R.-St.-P.-O. Art. 106, 108 tressen“ —8 die 
Verletzung des Post= und des Telegraphengeheimnisses. Suebr das Jos und das Telegraphen= 
Eteinniß vgl. noch Laband, Staatsr. d. D. R. II. 02 ff. und in diesem Handb. II. 1. 
r Siaater. d. D. R. II. S. 18 ff. und de n des Verwaltungsrechts von 
1 6 ff., 564 und Löning S. 6 os ff., 614 Dazu v. Sarweh in diesem 
H# "5n. S. 139 e für Oesterreich Ulbrich a. a. O. IV. 49 
2) Der Satz ist wörtlich aus der Consitutkon- von 1808 uit. V. 85 entnommen. In der 
Allgemeinheit seiner Fassung enthält er sowohl die Zusage, daß der Fär#s bestrittene, privat- 
rechtliche Anfprüche seinerseits nur auf dem Rechtswege verfolgen werde, als die Sicherung des 
Rechtsweges zur Verfolgung solcher Ansprüche gegen den Fiskus, er befindet sich also insoferne im 
Einklange mit dem im Einführungsges. zur R.-C.-P.-O. § 4 enthaltenen Verbote der Versagung 
des Rechtsweges gegen den Fiskus für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, für welche nach dem Gegen- 
stand oder der Art des Anspruchs der Rechtsweg überhaupt zulässig ist, durch die Landesgesetz- 
gebung. Doch bestimmt das bayer. Ausf.-Ges. zur R.C.-P.-O., daß Ansprüche gegen den Fiskus erst 
dann gerichtlich verfolgt werden können, wenn der Betheiligte sich an die zunächst zuständige höhere 
Verwaltungsstelle um Abhilfe gewendet und entweder eine abschlägige oder innerhalb sechs 
Wochen gar keine Entschließung erhalten hat, wodurch jedoch Anträge auf Erlassung einstweiliger 
Verfügungen nicht ausgeschlossen sein sollen; es bestimmt ferner, daß Zwangsvollstreckungen 
wegen Geldforderungen (nicht wegen dinglicher Rechte) gegen den Fiskus ohne Ein- 
mischung der Gerichte unter Verantwortlichkeit der zuständigen Verwaltungsbehörden und der
	        
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