Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.1. Das Staatsrecht des Königreichs Bayern. (1)

811. Die Rechte der Unterthanen. 97 
zur Rückkehr in das Königreich, sowie zu Reisen außerhalb desselben in den dem Paßverein 
angehörigen Staaten keines besonderen Reisepapiers bedürfen (8 1), während anderer- 
seits die Behörden angewiesen werden, bayerischen Staatsangehörigen auch in Zukunft 
auf ihr Verlangen Pässe zu Reisen im Auslande zu ertheilen, soferne kein gesetzliches 
Hinderniß entgegensteht, bei unselbstständigen Personen die erforderliche Zustimmung 
der hiezu Berechtigten beigebracht, die betreffende Person mit den nöthigen Reisemitteln 
versehen und von derselben eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit nicht mit Grund 
zu besorgen ist. 
Die Freiheit vom Paßzwange ist nun aber durch das als Reichsgesetz 
(durch das Gesetz vom 22. April 1871 § 2 I.) in Bayern eingeführte Gesetz des nord- 
deutschen Bundes über das Paßwesen vom 12. Okt. 1867 für alle Reichsangehörigen 
sowohl hinsichtlich des Ausganges aus dem Bundesgebiete als der Rückkehr in dasselbe, 
wie hinsichtlich des Aufenthaltes und der Reisen innerhalb desselben anerkannt (6 1 
Abs. 1), während durch das demnächst zu erwähnende Freizügigkeitsgesetz die Freiheit 
des Aufenthaltes und der Niederlassung innerhalb des Bundesgebietes jedem Bundesange- 
hörigen gewährt ist. Zugleich aber ist durch jenes Gesetz (§ 1 Abs. 2) ein Recht der 
Reichsangehörigen auf die Ertheilung von Pässen und sonstigen Reisepapieren aner- 
kannt, „wenn ihrer Befugniß zur Reise gesetzliche Hindernisse nicht entgegen- 
stehen ). 
Ist so nunmehr im Allgemeinen die Freizügigkeit gegenüber dem Auslande auch 
in der Richtung außer Zweifel gestellt, daß der Austritt aus dem Reichsgebiete und 
der Aufenthalt im Auslande ohne Aufgeben der Staatsangehörigkeit an und für sich 
von obrigkeitlicher Genehmigung unabhängig ist, so sind doch auch diese Freiheiten 
keine unbeschränkten, indem unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen einerseits 
das Reisen überhaupt gehin dert, andererseits eine Verpflichtung zur 
Beendigung des Aufenthaltes im Auslande gegeben sein kann. 
Eine Verhinderung des Reisens aus öffenklich-rechtlichen Gründen kann sich mit Rücksicht 
auf das Beamtenverhältniß und den aktiven Militärdienst ergeben. „An Staats- 
und öffentliche Diener dürfen Reisepapiere nur dann ertheilt werden, wenn die zu deren Reisen 
erforderliche dienstliche Bewilligung beigebrachl ist“. (V.-O. vom 9. Dezember 1865 87 Abf. 1.) 
Die rechtliche Verpflichtung, den Aufenthalt im Auslande zu beendigen und in das Reichs- 
gebiet (Staatsgebiet) zurückzukehren, kann sich mit Rücksicht auf die Wehrpflicht, namentlich aus 
den Verhälius böen des militärischen Beurlaubtenstandes ergeben, (Reichemilitäres- vom 
4. Mai 1874 §§ 57—59, 61. 69, 27. 28, dazu die Novelle vom 6. Mai 1880 Art. 1 §9 3, Straf- 
gesetzbuch § 140), oder auch durch besondere Aufforderung zur Rückkehr, sei es, daß sie im Falle 
eines Krieges oder einer Kriegsgefahr vom Kaiser an alle im Auslande befindlichen Reichsange- 
hörigen gerichtet wird (Reichsges. vom 1. Juni 1870 Über die Erwerbung und den Verlust der 
Bundes= und Staatsangehörigkeit § 20), sei e, daß sie von der bayerischen Regierung an die 
mit oder ohne ihre Bewilligung in fremde Dienste getretenen Staatsangehörigen gerichtet wird. 
(Reichsges. vom 1. Juni 1870 § 22. V.-U. Beil. I § Ua oben S. 48))). 
b) Die Freizügigkeit im Inlande. Das Recht des freien Aufenthaltes und 
1) Erläuterungen zu dem Waßarset vom 12. Okt. 1867 mit besonderer Aäksict auh seine 
Anwendung in Bayern gibt v. Riedel, Reichsverfassungsurkunde S. 195 ff. A. 7 ff. 
sind die neben diesem Geze in Bayern noch geltenden J Wei das 7 ent 
druckt, namentlich die von diesem Gesetze nicht berührten Bestimmugem der V.-O. vom 9. Dez. 1865 
(S. 210 ff.), dann die V.-J. zu dem Paßgesetz vom 9. Mai 1871 (S. 207 ff.), aus den Kreis- 
amtsblättern auch abgedr. in Bayerns Gesetze und Gesetzbücher XI. S. 262) und die durch 
die letztere (Ziff. II1 ausdrücklich als fortbestehend erklärte V.-O. über die Paßkarten vom 
14. Jan. 1851 (S. 217 ff.). 
2) Man wird wont annehmen dürfen, daß die in § 22 des Ges. vom 1. Juni 1870 erwähnte 
ausdrückliche Aufforderung zum Austritte aus dem fremden Dienste binnen bestimmter Frist, an 
deren Nichtbefolgung das Gesetz die Möglichkeit des Verlustes der Staatsangehörigkeit durch Be- 
Ioct de Centralbehörde des Heimathstaates knüpft, auch die Aufforderung zur Rücklehr 
enthalten kann. 
Handbuch des Oessentlichen Rechis. III. 1. I. 7
	        
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