112 Vogel, das Staatsrecht des Königreichs Bayern. 811
b) Ein in der Pfalz heimathberechtigter Mann bedarf nur dann eines obrig-
keitlichen Zeugnisses darüber, daß gegen die von ihm beabsichtigte Eheschließung kein
gesetzlich begründetes Hinderniß bestehe, wenn er in den Landestheilen diesseits
des Rheins eine Ehe schließen will (Art. 38 Abs. 2).
Die der Distriktsverwaltungsbehörde der Gemeinde, in welcher der Mann seine wirkliche
oder angewiesene Heimath hat, obliegende Ausstellung dieses Zeugnisses ist zum Theile von den-
selben Voraussetzungen abhängig, wie die des Verehelichungszeugnisses für einen rechtsrheinischen
Bayern: Nachweisung des Nichtvorhandenseins militärdienstlicher Hindernisse und der für den
Mann allenfalls erforderlichen dienstlichen Derhetichungobewilligung sodann Lieferung aller zur
idigun bes Sehtäs erforderlichen Aufschlüsse (Art. 38 Abs. 3 Ziff. 1 entsprechend Art. 34
Ziff. Abs. 2). Außerdem ist aber für die Ausstellung dieses Zeugnisses noch
erfürderich der Kchubr eines nach dem Reichsgesetz vom 6. Februar 1875 6 44 vorgenommenen
Aufgebots und der besondere Nachweis der Beobachtung der im III. Abschn. § 28 ff. dieses Ges.
enthaltenen Vorschriften über die civilrechtlichen Erfordernisse der Eheschließung ½.
Das Verehelichungszeugniß darf auch in solchen Fällen nicht versagt werden,
wenn die Voraussetzungen seiner Ausstellung erfüllt sind (Art. 38 Abs. 4). Gegen
einen diese Ausstellung verweigernden Beschluß, welcher gleichfalls als Verwaltungs-
rechtssache erklärt ist, ist Berufung an den Verwalkungsgerichtshof
zulässig (Art. 40. Ges. vom 8. Ang. 1878 Art. 8 Ziff. 5). Eine in Fällen dieser
Art ohne Erholung des Verehelichungszeugnisses geschehene Eheschließung hat zwar nicht
die Ungiltigkeit der Ehe zur Folge, wohl aber die Strafbarkeit des Standes-
beamten, welcher die Ehe trotz des Mangels des Zeugnisses für geschlossen erklärt hat
(ogl. Art. 15 des Ausf.-Ges. zur R.-St.-P.-O).
Tc) Zur Eheschließung eines in der Pfalzheimathberechkigten Mannes
außerhalb der diesrheinischen bayerischen Landestheile bedarf es ebenso-
wenig eines Verehelichungs zengnisses als zur Eheschließung eines nicht-
bayerischen Angehörigen des Deutschen Reiches in Bayern ?.
4) Zur Eheschließung von Ausländerns) „auf bayerischem Gebiete“
lommenden bayerischen Reservatrechtes gegebene ndehih Er anzung zu der Strafbestimmun
in 8 69 des Reichsges. vom 6. Februar 1875 (vgl. auch 8 M. 2 und § 67 dieses Eesetzc
dar. Sie reproduzirt einen Theil der in Art. 1.# des 9 et — zum Reichs-
strafgesetzbuch vom 26. Dezember 1871 enthaltenen Vorschriften, wäsche im Uebrigen außer Geltung
getreien sind, gleich dem seiner Zeit durch sie ersetzten Art. 12 des Hriontzef. Vgl. v. Bomhard
und Koller, Die Strafprozeßordnung f. d. D. Neich, Nordl 1879 S. 448 ff., v. Riedel und
v. Müller S. 213 ff., Reger, Ausgabe des Heimathges. S. 62 ff. und des Reichsges. vom
6. Februar 1875 S. 56.
1) Der Text des Heimathges. v. 16. April 1868 Art. 38 Abs. 3 Ziff. 2, 3 verlangt die Nach-
weisung der Beobachtung der Desimmungen des code eivil Art. 63 über das vor der Eheschließung
vorzunehmende Aufgebot und Art. 141.—161 über die civilrechtlichen Jorausetzungen der Eheschließung.
In beiden Beziehungen sind nun die entsprechenden Vorschriften des Reichsges. vom 6. Februar
1875 an die Stelle dieser Lestimmungen des französischen Rechtes getreten. Vgl. nunmehr d. M.-E.
vom 31. März 1884 (Amtsbl. d. Minist. d. Innern S. 77 ff.), inhaltlich welcher das Aufgebot
der Ausstellung des ? Jeugnisses stels vorauszugehen hat und vom Standesbeamten der zu dieser
Ausstellung competenten Behörde die seither erlaufenen Verhandlungen“ gleich den Aufgeboten zu
übersenden sind. . auch v Sich herer, Commentar zum Reichsges. vom 6. Februar 1875
lum. 38 zu 8 39. 80 ff.
il, ein in der Pfalz heimathberechtiger Mann in der Pfalz oder ein einem andern
deutschen Staate angehöriger Mann in Bayern eine Ehe schließen, so hat sich das Verfahren des
Standesbeamten aaesschlieltich nach den Vorschriften des Reichsgesetzes vom 6. Februar 1875 zu
richten. (M.--E. Dezember 1875 III. B b). Die in der M.-E. vom 17 August 1872
(R.-B. S. 2033 * zur (kirchlichen) Trauung eines nichtbayerischen Reichsangehörigen erforderte
Bescheinigung der Distriktsverwaltungsbehörde des Ortes der Eheschließung darüber, daß ihr der
betreffende Nom „den Besihß des beuischen Indigenats, sowie das Nichtobwalten militärischer
Libernife nachgewiesen“ habe, kommt nun nicht mehr in Frage. Vgl. v. Sicherer a. a. O.
"409 ff. Anm. 38 zu § 38 des Reichsges. vom 6. Februar 4% v. Miedel und v. Müller
9. 208 ff, Reger, Ausgabe d. G. vom 16. April 1868 S.
3) Daß zu den Ausländern nichtbayerische horige des Deutschen Reiches
nicht zu rechnen sind, ist zweifellos, und mit Rücksicht auf eine bei den Verhandlungen über die