Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.1. Das Staatsrecht des Königreichs Bayern. (1)

10 Vogel, das Staatsrecht des Königreichs Bayern. §52. 
hoheillichen Rechte des Landesherrn bestimmt. Nach dem Konkordat von 1583 überwiegend 
mit Geistlichen, seit 1768 aber wieder überwiegend wie Anfangs mit weltlichen Räthen besetzt, hat 
er unler der Regierung Max Joseph's III. (1745—1777) eine sehr eingreifende Wirlsam- 
keit entsallet. 
Dabei aber blieb Bayern bis in den Anfang dieses Jahrhunderts ein auoschließlich 
katholisches Land) in dem Sinne, daß das latholische Bekenntniß nicht nur für die Ver- 
leihung öffentlicher Aemter, sondern selbst für die Niederlassung, den Gewerbebetrieb und die Ver- 
ehelichung im Lande die unbedingte Voraussetzung war. Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts 
(1551) war auch den Inden der Anfenthalt im Lande untersagt. Im Uebrigen hatte sich unter 
den Landesangehörigen der scharfe Unterschied von privilegierten Ständen und nicht privi- 
legierten Einwohnern gebildet. Als die letzteren erscheinen die zum Theile leibeigenen, 
zumeist wenigstens auf fremdem Grund und Boden sitzenden mit grundherrlichen Lasten beschwerten 
Bauern. Bürger, Adel und Klerus bildeten die privilegierten Stände, von denen sich der 
Adel wieder in einen mehr und minder gefreiten unterschied, je nachdem ihm die Vorrechte 
der sogen. Edelmannsfreiheit (umfassende Patrimonialgerichtsbarkeit, passive Wahlfähigleit 
für die landständischen Ausschüsse, gewisse privatrechtliche Vorrechte des Mannesstammes und der 
Erstgeburt u. A. begreifend) zukamen oder nicht. 
Mit der Zugehörigkeit zu den gefreiten Ständen war die ausschließliche Fähigkeit zum 
Erwerbe der mit dem Besitze gewisser in die Landtafel eingetragener Güter verbundenen Rechte 
der Landsassen, namentlich der (verschieden abgestuften) Gerichtsbarkeit verbunden: ein Erwerb, 
der jedoch für Nichtadelige, die nicht schon Landsassen waren, an den landesherrlichen Konsens ge- 
bunden war. — Im Anschlusse an das adelige Wappen= und Siegelrecht hatie sich endlich das 
Privilegium der Siegelmässigkeit entwickelt, welches außer dem Adel und allen Landsassen 
noch einer Anzahl anderer Personenklassen, den Priestern, Oberoffizieren, Bürgermeistern und Patri- 
ziern der (den Landgerichten nicht unterworfenen) Hauptstädte, den Graduirten der Rechte, Theologie 
oder Medizin und sehr vielen Kategorien der Hof= und Staatsdiener zukam, und namentlich in 
der Anerkenung des öffentlichen Glaubens für von ihnen verfaßte Urkunden in gewissem Umfange 
bestan 
V. Uebergang zur neueren Zeil. In solcher Verfassung ging das kurbayerische Land nach 
dem linderlosen Tode des letzten Wittelsbachers aus der von Kaiser Ludwig abstammenden 
Linie, Maximilian Joseph's III., am 30. Dezember 1777 auf den pfälzischen Kurfürsten 
Karl Theodor aus der Linie Pfalz-Neuburg über kraft der Familienverträge des wittelsbachischen 
Hauses, vor Allem des Vertrages von Pavia und der verschiedenen späteren Verträge zwischen den 
beiden eben genannten Fürsten von 1766, 1771 und 1774 5, allerdings nicht ohne Gebietsverlust, indem 
das sog. Innviertel in dem Teschener Frieden von 1779 an Oesterreich abgetreten werden mußte 
als Abfindung für die von ihm erhobenen Ansprüche auf niederbayerisches Gebiet. So war denn 
auch der größte Theil der von den pfälzischen Wittelsbachern beherrschten Länder, einschließlich der 
1614 von dem Pfalzgrafen Wolsfgang Wilhelm von der Linie Pfalz-Neuburg erworbenen Herzog- 
thümer Jülich und Berg mit den altbayerischen Landen unter einem Herrscher, nicht aber zu 
einem einheitlich regierten Staate vereinigt. 
Auch in der pfälzischen Linie der Wittelsbacher hatten vielfache Landestheilungen stattgehabt, 
doch war für die als mit der Kurwürde verbunden gedachten Landestheile die Untheilbarkeit und 
Primogeniturfolge schon in der goldenen Bulle, bestimmter noch durch zwei Privilegien Kaiser 
Sigmund's von 1414 und 1434/) für Kurfürst Ludwig III. (1410—1437) anerkannt und im 
westphälischen Frieden (J. P. O. IV. 12.) auf alle Besitzungen der Kurlinie ausgedehnt worden. 
Von den sämmtlichen Linien der pfälzischen Wittelsbacher bestanden damals außer der Neu- 
burgischen, die mit dem Tode des kinderlosen Karl Theodor aussterben mußte, nur noch die 
Birkenfeldische, getheilt in die Hauptlinie Birkenfeld-Zweibrücken und die apanagirte 
Linie Gelnhausen (das jetzige herzogliche Haus von Bayern). Das Surccessionsrecht der ersteren 
in die Länder Karl Theodor's wurde durch den von Friedrich II. von Preußen unterstützten Protest 
des Herzogs Karl August gegenüber den österreichischen auf Einverleibung Bayerns und Länder- 
tausch gerichteten Plänen gerettet und nach Karl Theodor's Tode, 16. Februar 1799, ergriff Karl 
1 Vgl. v. Sicherer, Staat und Kirche in Bayern, 1799—1821. München 1874. S. 1 ff. 
2) BVgl. zu dem im Texte Vorausgehenden die Uebersicht bei Feßmaier, Grundriß des 
baier. Sionhechte, S 128 ff.: Von den Gerechtsamen der baier. Landesunterthanen. 
s 3) Aus der Vorlegung der Fideikommissarischen Rechte abgedruckt bei Schulze, Hausgesetze I. 
284 
4) Lünig, Reichsarchiv V. Pars. specialis unter Pfalz. S. 602 ff. 606 ff. 610 ff. 
 
	        
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