Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.1. Das Staatsrecht des Königreichs Bayern. (1)

811. Die Rechte der Unterthanen. 159 
mungen dieser Gesetze über das regelmäßig nur gegenüber im Auslande erscheinenden 
periodischen Druckschriften unter bestimmten Voraussetzungen und mit zeitlich beschränkter 
Wirkung als zulässig erklärte, dem Reichskanzler vorbehaltene, (Preßges. 8 14 
mit der Strafbestimmung in § 18 Abs. 1 Ziff. 1), gegenüber allen Druckschriften aber 
in welchen sozialdemokratische, sozialistische oder kommunistische, auf den Umsturz der 
bestehenden Staats= oder Gesellschaftsordnung gerichtete Bestrebungen in einer den öffent- 
Frieden, insbesondere die Eintracht der Bevölkerungsklassen gefährdenden Weise zu Tage 
treten, nothwendiger Weise zu erlassende und mit dauernder Wirkung bekleidete Verbot, 
welches sich bei periodischen Druckschristen auch auf das fernere Erscheinen barelben 
erstrecken kann (Sozialistenges. §8 11—14 mit den Strafbestimmungen in 8 19, § 21 
Abs. 1)0. 
Zuständig zur Handhabung der preßpolizeilichen Bestimmungen sind in Bayern die 
Distriktspolizeibehörden, in München die Polizeidirektion, in den Kreis= 
hauptstädten die 7 „königliche Commissäre“ aufsgestellten Mitglieder der Kreisregierung 
in den übrigen unmittelharen Städten die Bezirksämter, (diesrhein. Gemeindsordnung t 98 
M.-E. vom 29. Juni 1869 IRN.-B. S. 1099 ff.] und V.-O. vom 2. Okt. 1869 (R.-B. S. 1881 ff. 
5 6.) Als die zur ealsnn des Verbots einer Druckschrift nach 8 ia Sozialistengesehes 
zuständige Landespolizeibehörde ist die Kreisregierung K. d. J. erklärt, während 
die Zuständigkeit zur vorläufigen Beschlagnahme von Druckschriften nach § 15 dieses Ges. sur 
die verschiedenen Arten von Polizeibezirken verschieden geregelt ist. (M.E 
vom 23. Okt. 1878 Ziff. 1. 3). 
Indem aber das haeicmwuehunso die „bis auf Weiteres“ fortdauernde Geltung der 
„für Zeiten der Kriegsgefahr, des Krieges, des erklärten Kriegs- 
(Belagerungs)-Zustandes oder innerer Unruhen (Aufruhrs) in Bezug auf 
die Presse bestehenden besonderen gesetzlichen Bestimmungen“ ausdrücklich anerkennt 
(630, Abs. 1), ist für Bayern 2) insbesondere die aus Art. 120 des Strafgesetzbuches von 
1861 mit geringen Veränderungen entnommene Strafbestimmung in Art. 8 des 
VBollzugseinführungsgesetzes zum Reichsstrafgesetzbuch vom 26. Dez. 1871 aufrecht er- 
halten worden, welche dann ebenfalls der Hauptsache nach unverändert in Art. 6 des 
Ausführungsgesetzes zur R.-St.-P.-O. wieder gegeben ist. Demnach sind mit Gefängniß 
oder Festungshaft bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 600 Mark bedroht 
Zuwiderhandlungen gegen die Verordnungen, „durch welche die königliche Staatsregie- 
rung bei drohendem oder ausgebrochenem Kriege den Verkehr mit feindlichen 
Ländern oder feindlich besetzten Theilen des Staats= oder Reichsgebietes verboten, be- 
schränkt oder geregelt, die Sammlung von Nachrichten, die Verbreitung 
oder Veröffentlichung gewisser Mittheilungen, sowie die Erlassung 
gewisser Aufforderungen untersagt oder beschränkt, oder ähnliche mit 
der Kriegsgefahr im Zusammenhange stehende Maßregeln angeordnet hat, — soferne 
nicht die in den §§ 15 und 18 bes Reichsgesetzes vom 7. Mai 1874 über die Presse 
enthaltenen Bestimmungen in Anwendung zu kommen haben“. 
Indem ferner „das Recht der Landesgesetzgebung, Vorschriften über das öffent- 
liche Anschlagen, Anheften, Ausstellen, sowie die öffentliche unentgelt- 
1) Val. über Verbot und Beschlagnahme von Preßerzeugnissen nach deutschem Neichsrecht 
insbesondert die lichtvolle Darstellung von G. Meyer, Verwaltungsrecht 1 S. 166 ff., 58 59, 60. 
Die nach Art. 68 der R.-V. im Falle der Erklärung des Kriegszustandes in 
Anwendung von 5 5 Abs. 1 des preußischen Gesezes vom 4. Juni 1851 zulässige allgemeine 
Suspension der die Preßfreiheit begründendenreichsgesetzlichen Vorschriften ist nach 
der die Geltung des Art. 68 für Bayern ausschließenden Bestimmung in Ziff. III §8 5 des 
Versailler Vertrages vom 23. November 1870 für das Gebiet dieses Staates nicht möglich. 
Vgl. Laband, Staatsrecht des deutschen Reichs III, I S. 42 ff. und in diesem Handb. II, 
S. 164, dann die Lehrbücher 5½ Verwaltungsrechts von G. Meyer I, S. 182 ff. und Löning 
k 290 ff. und oben S. 31,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.