811. Die Rechte der Unterthanen. 169
worden, in welcher ausdrücklich erklärt wurde, daß „vor wie nach dem Erscheinen der Verfassung die
Bildung jedes Vereins, ohne Ausnahme, von vorgängiger aebereichung der Statuten und von
der Genehmigung der Staatsregierung abhängig geblieben“
Der mit der politischen Bewegung des Jahres 178 eingetretenen thatsächlichen
Ausübung und Anerkennung des Vereins= und Versammlungsrechtes?) folgte auch in
Bayern die ausdrückliche gesetzliche Anerkennung dieses Rechtes und die Regelung
seiner Ausübung durch das Gesetz vom 26. Februar 1850 die Versammlungen und
Vrreine betreffend, (G.-B. 1849/50 S. 33 ff. oben S. 25 2) welches, wie es um diese
Zeit auch in mehreren andern deutschen Staaten geschah. im Anschluß an die Fassung der
entsprechenden Bestimmungen der „Grundrechte des deutschen Volkes“ (88 29—31,
übergegangen in die von der Frankfurter Nationalversammlung ausgestellte Reichsverfassung
vom 28. März 1849 88 161 — 163), den Staatsangehörigen diese Rechte in bestimmter
Weise zuspricht, zugleich aber über die Ausübung derselben eingehende und in mannig-
facher Hinsicht auch beschränkende Bestimmungen aufstellt, für welche, wie für die
Vereinsgesetzgebung anderer deutscher Staaten, das Gesetz der französischen Republik vom
28. Juli 1848 das wesentlich maßgebende Vorbild war!0.
Der durch das Gesetz vom 26. Febr. 1850 für Bayern geschaffene Rechtszustand
ist bis jetzt bestehen geblieben?), allerdings nicht ohne zum Theile wesentliche Modifi-
kationen zu erfahren, welche zum größten Theile der Gesetzgebung des Deutschen Reiches
ihren Ursprung verdanken").
1. Vereinsrecht. Nach dem Gesetze vom 26. Febr. 1850 haben „die Staats-
angehörigen das Recht, Vereine ohne vorgängige Erholung polizeilicher
Erlaubniß zu bilden"“. (Art. 11.) Das Recht der für den deutschen Reichstag
Wahlberechtigten, zum Betriebe der den Reichstag betreffenden Wahlangelegenheiten,
Vereine zu bilden, hat die Reichsgesetzgebung bestimmt anerkannt (Wahlgesetz für den
deutschen Reichstag vom 31. Mai 1869 § 17), sie hat ferner alle gegen das
Coalitionsrecht der Gewerbetreibenden und der gewerblichen und Fabrikarbeiter ge-
richteten Verbote und Strafbestimmungen aufgehoben (Gew.-Ordn. § 152 Abs. 1 vgl. mit
89N 152 Abs. 2, 153, 154 Abs. 3), während sie andererseits die Theilnahme an Verbindungen,
deren Dasein, Verfassung oder Zweck vor der Staatsregierung geheim gehalten
werden soll, oder in welchen gegen unbekannte Obere Gehorsam oder gegen be-
kannte Obere unbedingter Gehorsam versprochen wird, oder zu deren Zwecken oder
Beschäftigungen es gehört, Maßregeln der Verwaltung oder die Vollziehung von
Gesetzen durch ungesetzliche Mittel zu verhindern oder zu entkräften, unter Strafe stellt
(Reichsstrafgesb. 88§ 128, 129).
1) Siehe diese V.-O. bei Döllinger a. a. O. S. 722 ff. und Pözl S. 516 ff. und über
diese V.-O. und die vom Hleichen Siandpunkte ausgehenden M.-E. vom 29. Ang. 1835 (Döllinger
Bd. XIII S. 724) Pözl S. 433 ff. Daß nach der Erlassung der V.-O. von einem allge-
meinen Verbote nich, *Ws Vereinei im Grunde nicht mehr gesprochen werden konnte, führt aus
Pöszl a. a. O. S. 432 ff., vgl. auch dessen Bayer. Staatsverfa ssungsrecht Würzb. 1847, S. 54 f.
2) Vgl. hierüber, insbes. üÜber die V.-O. vom 12. Aug. 1848 (R.-B. S. 801 1 welche
allerdings nur gelegentlich die Anerkennung der Zulässigkeit der Vereinigungen zu erlaubten
Zwecken ausspricht, Pözl a. a. O. S. 434
3) Vgl. über die Entstehung und 2. Inhalt desselben die Bemerkungen bei Pözl S. 435 ff.,
und über die Veränderungen in seinem Bestande durch Art. 2 Ziff. 10 und Art. 84 des Lusi i%
zur R.-St.-P.-O. v. Bomhard und Koller, die Strafprozeßordmmg . d. D. Reich S. 427.
4) Vgl. Pözl S. 437, Löning, Verwaliungsrecht S . 270 ff, Seydel in Sdssndrolc s
Handbuch d polit. Oekonomie 2. Aufl. Bd. III S. 763.
5) Daß der Beschluß der deutschen o7n’* vom 13. Juli 1854 (vgl. denselben
iin Corp. jur. conf. Germ. v. Meyer und Zöpfl II S. 604 ff.) in Bayern nicht zu praktischer
#aon geclommen. ist, ist schon oben S. 26 gesagt 4
gl. die Zusammenstellung der reichsgesetzlichen Bestimmungen über das Vereinswesen bei
Löning, Verwaltungsrecht S. 272 ff.