170 Vogel, das Staatsrecht des Königreichs Bayern. 5 11.
Was aber die Art der Ausübung des Vereinsrechtes angeht, unterscheidet auch
das bayerische Gesetz die politischen Vereine, „deren Zweck sich auf die öffent-
lichen Angelegenheiten bezieht“, von den nicht politischen. Die Bildung
der letzteren unterliegt an sich keiner besonderen Beschränkung, doch sind auch „Vereine,
deren Zweck sich nicht auf die öffentlichen Angelegenheiten bezieht, wenn sie Vor-
steher und Satzungen haben, verpflichtet, ihre Gründung und jede Ver-
änderung ihrer Vorstandschaft oder ihrer Zwecke der vorgesetzten Polizei-
behörde!) binnen drei Tagen anzuzeigen“ (Art. 12).
Im Auschluß hieran erklärt Art. 13 des Gesetzes:
„Sobald ein nicht politischer Verein zugleich politische Zwecke zu verfolgen oder in den
Bereich seiner Verhandlungen zu ziehen beginnt, unterliegt er allen Anordnungen und Straf-
bestimmungen über politische Vereine.“
Den politischen Vereinen legt das Gesetz die Verpflichtung auf, „Vor-
steher zu wählen“ und diesen hinwiederum die Obliegenheit, „Satzungen über Ver-
fassung und Wirksamkeit des Vereines (für deren rechtzeitige Abfassung sie demnach zu
sorgen haben] binnen drei Tagen, nachdem sie zu Stande gekommen, der Distrikts-
polizeibehörde lin München der Polizeidirektionl]#2) zur Kenntnißnahme
einzureichen, derselben auch auf Verlangen jede darauf bezügliche Auskunft zu ertheilen“
(Art. 14) ).
„Frauenspersonen und Minderjährige“ sind von der Mitgliedschaft bei
politischen Vereinen gesetzlich ausgeschlossen (Art. 15). — Ausdrücklich spricht auch
die bayerische Gesetzgebung das Verbot der sog. Affiliation der politischen Vereine
(nicht auch das anderwärts bestehende Verbot irgend welcher Verbindung solcher
Vereine unter einander) aus.
„Politischen Vereinen ist nicht gestattet, mit anderen in der Art in Verbindung zu treten,
daß entweder die einen den Beschlüssen und Organen des andern unterworfen, oder mehrere
solche Vereine - einem gemeinsamen Organe zu einem gegliederten Ganzen vereinigt
werden“ (Art. 17)).
Das Gesetz enthält endlich Bestimmungen über die Versammlungen und die
Beschlüsse politischer Vereine.
Es schließt Frauenspersonen und Minderjährige von den von einem solchen Vereine ver-
anstalteten Versammlungen aus, auch soferne sie nicht Mitglieder dehelben sind (Art. 15)) und
erklärt seine allgemeinen Bestimmungen über Versammlungen (Art. 1—9) auch auf diese Ver-
sammlungen für anwendbar, fordert insbesondere die zu öffentlichen Veruaucheu in welchen
öffentliche Angelegenheiten erörtert werden sollen, im Allgemeinen nothwendige Anzeige, die in
solchem Falle bei der Distriktspolizeibehörde zu machen ist, von den Vorstehern dieser
Vereine hinsichtlich aller Bereinsversammlungen, H„für welche Zeit und Ort nicht bereits satzungs-
mäßig feststehen (Art. 16).
Es untersagt den politischen Vereinen, Beschlüsse in der Form von Geseten,
Verordnungen, Rechtssprüchen oder anderen Erlassen der öffentlichen Behörden zu
fassen" (Art. 18.)
1) also wohl der H#tppaligeibehöre#3 Pözl 18.
2) Diese hat nach der V.-O. vom 2. Okt. 1809 (R. . 881 517 *6 überhaupt die Aus-
übung der den Lokalpolizei= und nnnno ere 185/0.8 Befugnisse hinsichtlich
des Vereinswesens und des Versamminngrechtes
3) Daß hiermit auch die Pflicht der Anzeige der Vorsteher und der Aenderungen in der
Vorstandschaft ausgesprochen ist, hebt Pözl S. 482 mit Recht hervor, ebenso daß andererseits keine
Verpflichtung besteht, die M tgled bes rglüsie Vereins anzuzei een oder über dieselben
Auskunft zu ertheilen. Anders der Aufsat vo . 8. i n Bl. f. abm. Praxis Bb. 25 S. 821ff.
4) Vgl. hieher Pözl a. a. O. S. 4
5) Vgl. auch die Entscheidungen des ehemaligen obersten Gerichtshofes in Bayern in der
Sammlung oberstrichterlicher Entscheidungen für Strafsachen Bd. 6 S. 58 ff., 259 ff. (angeführt. bei
Krais, Handbuch II S. 256), ferner Pözl a. a. O. S. 484, welcher die Bestimmung auch auf Ver-
sammlungen zu politischen Zwecken, welche nicht von einem Verein ausgehen, angewendet wissen will.