20 Vogel, das Staatsrecht des Königreichs Bayern. § 3.
auf die katholische Kirche, in dem mit dem päbstlichen Stuhle abgeschlossenen Concordat
vom 5. Junius 1817 und in Beziehung auf die protestantische Kirche in dem hierüber
unterm heutigen Tage erlassenen eigenen Edicte enthalten“.
Von besonderer Wichtigkeit ist selbstverständlich das Konkordat. Aehnlich wie die
Arbeiten für die Verfassung wurden auch die für ein Konkordat mit dem Papste im
Jahre 1814 wieder ausgenommen und nach manchen Stockungen und überraschenden
Wendungen, zu denen auch hier die Entlassung von Montgelas zu rechnen ist, wurde
am 5. Juni 1817 die Uebereinkunft mit dem papstlichen Stuhle von dem bayerischen
Gesandten Freiherrn von Häffelin, (Weih-)Bischof von Chersones, mit dem päpstlichen
Staatssekretär Kardinal Consalvi abgeschlossen, am 24. Oktober vom Könige ratifizirt,
am 14. November 1817 vom Papste bestätigt !). Die im 18. Artikel Absatz 1 vorgesehene
Erklärung des Konkordats zum Staatsgesetz jeboch erfolgte nicht früher als zugleich mit
der Verfassungsurkunde in der angegebenen Weise. Bei den unzweifelhaften Widersprüchen
zwischen dem Konkordat und dem Religionsedikt, dem es als Beilage angefügt ist, sollte
die erwähnte Publikationsklausel den Umfang der Gesetzeskraft der im. Konkordat enthal-
tenen Festsetzungen gegenüber dem Religionsedilt bestimmen und os kann sowohl nach
dem Wortlaut als nach der Entstehungsgeschichte?) dieser Publikgtionsklausel kein Zweifel
darüber sein, daß, sofern es sich um die Gektung des Konkordats als
Staatsgesetz handelt, seine Bestimmungen nur insoweit als publiciert und demnach
anwendbar erscheinen können, als sie mit denen des Religionsediktes nicht in Widerspruch
stehen, wenn schon nicht geleugnet werden kann, daß ein strikter Vollzug des Konkordats
auf solche Weise nicht erreicht wurde, was allerdings auch nicht möglich gewesen wäre
ohne gänzliche Aenderung der bis dahin von der bayerischen Regierung eingehaltenen
kirchlich-politischen Nichtung und insbesondere nicht ohne Aufhebung der die Anerkennung
der Gewissensfreiheit und der Gleichberechtigung der christlichen Konfessionen im König-
reiche enthaltenden gesetzlichen Bestimmungen gegenüber dem die volle Anwendung des
kanonischen Rechtes auf die mit der römisch-katholischen Neligion zusammenhängenden
Angelegenhziten sordernden Artikel.1 des Konkordats und gegenüber der Anerkennung
der Lehre der (katholischen) Kirche und der bestehenden und angenommenen Disciplin
derselben als maßgebend für die Behandlung aller im Konkordat nicht ausdrücklich
behandelten kirchlichen Gegenstände und Personen betreffenden Punkte im 17. Artikel.
Wenn später in der auf Andringen der Kurie erlassenen königlichen Erklärung
aus Tegerusee vom 15. September 1821“) gesagt wird: daß sich der von den
katholischen Unterthauen zu leistende Verfassungseid, da bei Erlassung der Verfassung
die Absicht nicht gewesen sei, dem Gewissen derselben im Geringsten einen Zwang anzu-
thun, nach den Bestimmungen der Verfassung selbst lediglich auf die bürgerlichen Ver-
hältnisse beziehe, und daß sie dadurch zu nichts würden verbindlich gemacht werden,
was den göttlichen Gesetzen oder den katholischen Kirchensatzungen entgegen wäre, und
wenn in dieser Erklärung die Gesetzeskraft des Konkordats wiederholt anerkannt und
die Pflicht der Behörden sich genau nach seinen Bestimmungen zu richten, betont wird,
so konnte jedenfalls durch diese ohne Mitwirkung der Landstände erlassene Erklärung
nach den Bestimmungen der inzwischen in Kraft getretenen Verfassung selbst Titel VII.
1) Ueber die Geschichte des Konkordats von 1817 und sein Verhältniß zur Verfassungs=
urkunde, vgl. v. Sicherer, Staat und Kirche S. 189 ff., dann M. v. Lerchenfeld, Zur Geschichte
des baier. Konkordats. Nördlingen 1883.
2) Val. über diese v. Sicherer, a. a. O. S. 268 ff., M. v. Lerchenfeld, S. 13 ff. und
Aulage 5 5 S. 69.
3) Vgl. Allerh. Derare#n den Vollzug des Konkordats betr., B. S. 803 ff., auch bei
v. Sicherer a. a. O. S. 335 ff. und M. v. Lerchenfeld a. a. O. S. 25 ff.