Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.1. Das Staatsrecht des Königreichs Bayern. (1)

8 4. II. Die Zeit von 1848—1870. 23 
des Abschiedes für die Ständeversammlung vom 25. Aug. 1843 (G. B. S. 78) des 
Verfassungsverständnisses ausdrücklich Erwähnung gethan wurde, und als sein Resultat 
wesentlich die Abmarkung der Grenzen der königlichen und der ständischen Rechte auf 
dem Boden der Verfassung bezeichnet wurde, so ist es seitdem in der That, ohne die 
Bedentung einer authentischen Verfassungsinterpretation erlangt zu haben, als Grundlage 
für die Ausübung des Budgetrechts des Landtages angenommen worden, wenn auch 
seitens der zweiten Kammer stets mit Vorbehalt ihrer Anschauung hinsichtlich der 
zwischen ihr einerseits und der Regierung und der ersten Kammer andererseits damals nicht 
ausgeglichenen Meinungsverschiedenheit. 
II. Die Zeit von 1848 — 1870. Die einschneidendsten Veränderungen des 
staatlichen Zustandes von Bayern brachte sodann das Jahr 1848. Nachdem König 
Ludwig I. am 20. März zu Gunsten seines erstgeborenen Sohnes abgedankt hatte, 
wurde sofort in den ersten Monaten der Regierung König Maximilian's II. eine 
Reihe von Gesetzen erlassen, die auf die verschiedensten Theilen der Verfassungs- 
urkunde und ihrer Beilagen sich beziehend, Abänderungen der Verfassung, zum Theil 
auch Zusätze zu derselben enthalten. Die meisten derselben tragen das Datum des 4. Juni. 
Sie beziehen sich theils auf die allgemeinen Rechte und Pflichten der Staats- 
angehörigen und auf die besonderen Rechte und Vorzüge, wie sie im IV. und 
V. Titel der Verfassung geregelt sind, theils auf die Zusammensetzung und Rechts- 
stellung der Volksvertretung und auf die Gewähr der Verfassung (Tit. 
VI. VII. X.), theils endlich auf die Rechtspflege CTit. VIII.). 
Zu der ersten Gruppe gehört das Gesetz über die Freiheit der Presse und 
des Buchhandels (G. B. S. 89 ff.), welches an Stelle der III. Verfassungsbeilage 
tretend die volle Preßfreiheit an Stelle der in dem aufgehobenen Edikte für alle poli- 
tischen Zeitungen und für alle periodischen Schriften politischen oder statistischen Inhalts 
angeordneten Censur und sonstiger dort statuirter Beschränkungen setzte, und das Gesetz 
über die Aufhebung der standes= und gutsherrlichen Gerichtsbarkeit, dann die 
Aufhebung, Fixierung und Ablösung von Grundlasten (G. B. S. 97 ff.), welches 
als Zusatz zur Verfassungsurkunde die VI. Verfassungsbeilage zum größten Theile auf- 
hob, indem es namentlich im ersten Artikel bestimmte, daß die standes= und guts- 
herrliche Gerichtsbarkeit und Polizeigewalt mit dem 1. Oktober 1848 an 
den Staat übergehe, wobei nur diejenigen Gutsbesitzer, welche die Abtretung derselben 
bis zum 18. April 1848 erklärt hatten, nach dem erwähnten Gesetze vom 28. Dezember 
1831 entschädigt werden sollten, als Entschädigung für die andern nur die Uebernahme 
ihrer standes= oder gutsherrlichen Gerichts= und Polizeibeamten und Diener unter den 
Anstellungsbedingungen und Pensionsnormen, wie sie am 12. April 1848 bestanden 
hatten, und der Pensionen aus pragmatischen Anstellungen solcher Bediensteter nach den 
gleichen Normen vom Staate gewährt wurde. Verwandten Inhalts sind die Gesetze vom 
1. Juni 1848 über die Aufhebung des Jagdrechts auf fremdem Grund und Boden 
(G. B. S. 129 ff.) und über die Ablösung des Lehenverbandes (G. B. S. 121 ff.), 
dann die später erlassenen Gesetze vom 28. Mai 1852 über die Ausübung und Ablösung 
des Weiderechts auf fremdem Grund und Boden (G. B. S. 601 ff.), und über die 
Sicherung, Fixierung und Ablösung der auf dem Zehntrecht lastenden kirchlichen Bau- 
pflicht (G. B. S. 701 ff.) 
Zu der zweiten Gruppe von Gesetzen gehört vor Allem das neue Wahlgesetz 
(Gesetz, die Wahl der Landtagsabgeordneten betr., G. B. S. 61 ff.), welches in seinen 
Hauptbestimmungen jetzt noch in Geltung ist. Es statuirt unter Beseitigung der der 
bisherigen Zusammensetzung der zweiten Kammer zu Grunde liegenden ständischen Gruppen,
	        
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