26 Vogel, das Staatsrecht des Königreichs Bayern. 84.
der Verfassungsurkunde Titel VIII. § 3 allgemein bestimmten Unabsetzbarkeit angeordnete
Unversetzbarkeit der Richter aufgehoben wurde.
Doch ist andererseits auch an dieser Stelle hervorzuheben, daß die Continuität
der staatsrechtlichen Entwickelung in dieser Zeit durch keinerlei Oktroyirung
unterbrochen wurde, wie denn auch die Beschlüsse der deutschen Bundesversammlung
vom 6. Juli 1854 über allgemeine Bestimmungen zur Verhinderung des Mißbrauchs
der Preßfreiheit und vom 13. Juli 1854 in Betreff des Vereinswesens auf den Stand
der bayerischen Gesetzgebung keine Einwirkung geäußert haben.
Mit dem im Jahre 1859 eingetretenen Ministerwechsel, indem an die Stelle des
Ministeriums v. d. Pfordten-Reigersberg das Ministerium v. Schrenck-Neu-
mayr-Mulzer trat, kam das Gesetzgebungswerk wieder in rascheren Fluß. Das Datum
des 10. November 1861 trägt eine Reihe von Gesetzen, welche die im Jahre 1848
angebahnte Justizreform wieder aufnahmen. Außer dem Strafgesetzbuch und dem
Polizeistrafgesetzbuch, durch deren Erlassung das unter Feuerbach's wesentlichem
Einfluß entstandene Strafgesetzbuch von 1813, soweit es noch galt, fast vollständig
beseitigt wurde, und dem Einführungsgesetz zu diesen Gesetzbüchern sind hier noch das
Gerichtsverfassungsgesetz (G. B. S. 209 ff.) und das Gesetz über das Notariat
(G. B. S. 128 ff.) zu nennen. Wie durch letzteres das Notariat in den Landestheilen
diesseits des Rheines eingeführt wurde, so wurde durch das erstere mit dem 1. Juli
1862, als diese Gesetze in Kraft traten, die vollständige Trennung von Justiz und
Verwaltung auch in den unteren Behörden herbeigeführt. Die Stadt-oder Land-
gerichte, welche dieses Gesetz als Einzelgerichte erster Instanz für gewisse bürger-
liche Rechtsangelegenheiten und für die Aburtheilung von Uebertretungen bestimmte, neben
den (schon durch das Gesetz von 1856 Art. 1 eingeführten jetzt ausschließlich in kolle-
gialer Form fungirenden) Bezirksgerichten, als den ordentlichen Civil= und Straf-
gerichten erster Instanz, sind reine Justizbehörden. Als untere Verwaltungsbehörden
wurden durch die Verordnung vom 24. Februar 1862 (R. B. S. 409 ff.) die Bezirks-
ämter geschaffen, deren Benennung durch weitere Verordnung vom 19. April 1862
(R. B. S. 631) den in der Pfalz als reine Verwaltungsunterbehörden bereits bestehenden
sogen. Landkommissariaten gleichfalls beigelegt wurde.
Die zur Auflösung des deutschen Bundes führenden politischen Ereignisse erfüllten
die letzte Regierungszeit König Maximilian's II. ( 10. März 1864) und die
ersten Jahre König Ludwig's II.; doch kam in dieser Zeit das wichtige Geseßz über
die Abkürzung der Finanzperioden (von 6 Jahren auf 2) vom 10. Juli 1865 (G. B.
S. 137 ff.) zu Stande. Der Friedensschluß mit Preußen zu Berlin vom 22. Au-
gust 1866 (G. B. 1866/69 S. 25 ff.) Art. 14 brachte für Bayern einige kleine Gebiets-
abtretungen (des Bezirksamtes Gersfeld und eines Bezirkes um Orb) im Nordosten
des Staatsgebietes und die der Exklave Kaulsdorf mit sich. Die durch den Vertrag
vom 8. Juli 1867 geschaffene Neubildung des deutschen Zollvereins, an dessen
Begründung im Jahre 1833 Bayern wesentlich betheiligt war, ließ die Gesetzgebung
über Zollangelegenheiten und eine Anzahl indirekter Steuern auf die Zollvereinsorgane:
den Bundesrath des Zollvereins und das Zollparlament übergehen, so daß
nur die Verkündigung der Vereinsgesetze in Bayern nach den hier geltenden
Normen zu erfolgen hatte. Am Bundesrathe war Bayern mit 6, am Zollparlamente
mit 48 Mitgliedern, deren Wahl durch das Gesetz vom 16. November 1867 geregelt
wurde, betheiligt. (G. B. 1866/69 S. 237 ff.)
Als eine Folge der die Auflösung des deutschen Bundes im Jahre 1866 bedin-
genden und begleitenden kriegerischen Ereignisse, als eine Verwerthung der da gemachten