Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.1. Das Staatsrecht des Königreichs Bayern. (1)

44 Vogel, das Staatsrecht des Königreichs Bayern. § 7. 
Diese letztere Bestimmung ist aber durch die Vorschriften der R. C. P. O. 8 24ff. 
über den Gerichtsstand des Vermögens und den der gelegenen Sache ersetzt worden ½. 
III. Staatsangehörigkeit und Staatsbürgerrecht. Im Gegensatze zu den „Fremden“ 
„Ausländern“ oder „auswärtigen Unterthanen“ nennt die bayerische Verfassung die der 
bayerischen Staatsgewalt vollständig und dauernd unterworfenen Personen „Baiern“ 
(V. U. Tit. III, §§ 5, 12, 14, Tit. IX, § 1, Beil. I. 8§8 5a, 6, Ziff. 3, 9) oder 
auch „Unterthanen“ (Einl. Absatz 1, Tit. III, § 6, Ziff. 1, Beil. II, § 103), 
„Baierische Unterthauen (Gheil. I, 88 11, 12, 17), „Königliche 
Unterthanen" (Beil. I, 8§ 13, 15, 16), gelegentlich auch „Staatsangehörige“ 
CTit. VIII, § 2) oder „Staatsbürger“ (im weiteren Sinne des Wortes Tit. III, 
4, Abs. 2, X, § 3)2). Das Verhältniß der Staatsangehörigkeit wird durchweg 
mit dem Worte Indigenat bezeichnet. 
Für den Erwerb und den Verlust der bayerischen Staatsangehörigkeit 
ist nunmehr wie schon erwähnt, das Reichsgesetz vom 1. Juni 1870 maßgebend). Mit 
der Einführung dieses Gesetzes ist insbesondere die im bayerischen Verfassungsrechte 
(Beil. I. § 6 Ziff. 1) wenigstens prinzipiell erklärte Unvereinbarkeit der bayerischen 
mit einer anderen Staatsangehörigkeit aufgehoben worden. Andererseits entspricht es 
der fortdauernden Bedeutung des Heimathrechtes im bayerischen Staatsrechte und der 
bayerischen Staatspraxis, daß in der den Vollzug des Ges. vom 1. Juni 1870 regelnden 
Entschließung des Staatsministeriums des Innern vom 9. Mai 1871 Ziff 5 die An- 
ordnung getroffen ist, daß Ausländern die Naturalisation in der Regel nur dann zu 
ertheilen sei, wenn sie nachweisen, daß sie für den Fall der Naturalisation sofort die 
Heimath in einer bayerischen Gemeinde erhaltens). 
1) H. Brunner, Art. Landsassiat in Holtzendorff's Encyclopädie der Rechtswissenschaft II. 1 
0 I und die Lehrbb. des Deutschen Staatsrechts von G. Meyer S. 584 und H. Schulze 
2) Unter ihnen werden die „Eingeborenen“ (Tit. 1V. § 4 und Einl. Abs. 2) von den 
zveersaslungomaßig Naturalisirten“ (Tit. IV. 8 4) unterschieden. Auch die Ausdrücke „Ein- 
wohner" (Tit. IV. § 8), „Einwohner des Reichs, des Königreichs Baiern= (Tit. IV. 
89 Abf. 1, 13, Beil. II. Ueberschrift und § 1), „Bewohner des Königreichs“ (Tit. IV. 
Abs. 7), .Staatse in wohner" (Beil. II. & 5) sind trotz ihrer scheinbar allgemeineren Fassung mit 
den im Texte angeführten im Sinne übereinstimmend, wie namentlich eine Vergleichung eingelner 
Stellen der Derfafiung. in denen verschiedene Ausdrücke in gleichem Sinne gebraucht werden, Ehict 
vgl. z. B. Beil. 11I. 88 1 und 5 mit § 103 Abf. 2, auch Tit. III. § 4 Abs. 2 mit Tit. IV. 9 13). 
Ehezur. Ansicht ist Pözl, Versfassungsrecht S. 57 Anm. 1. 
3) Einen Kommentar zu diesem Gesetze, zu dessen Ergänsung das Gesetz vom 20. Dezember 
1875 betr. die Naturalisation von Ausländern, welche im Reichsdienste angestellt sind, erlassen 
wurde, mit besonderer Rücksicht auf dessen Einwirkung auf das bis zu seiner Einführung geltende 
bayerische Recht gibt Riedel, die Reichsverfassungs-Urkunde S. 249 ff. Bei der Einführung des 
Gesetzes in Bayern durch das Reichsgesez vom 22. April 1871 §.9 wurde der nunmehr gegen- 
standslos gewordene § 16 ausdrücklich für unanwendbar erklärt; es ist darum nicht ersichtlich, wes- 
halb Sarwey, das öffentl. Recht und die Verwaltungorechtapflege, Tübingen 1880 S. 461, 462 
ihn gerade für Bayern noch als geltend betracht t. 
Laband in diesem Hdb. II. 1. S. 34 ff. 
;à Ausnahmen sind nur mit Genehmigung des Ministeriums des Innern zulässig. Als 
die im Gesetze vom 1. Juni 1870 öfter erwähnte „höhere Verwaltungsbehörde“, welche nach §§ 6, 
14 die Urkunden über die Aufnahme, die Naturalisation und die Entlassung aus dem Staats- 
verbande auszufertigen hat, ist in Ziff. 2, 10 der im Texte angeführten M.-E. die Kreis- 
regierung K. d. J. genannt, während nach, „Ziff. 8 11 dieser M.-E. zur Erklärung des Ver- 
lustes der Staatsangehörigkeit (§# 20 und 22 des Geseteh das Ministerium des Innern zuständig 
ist, ebenso zur Ertheilung der Erlaubniß zum Eintritt in die Dienste einer fremden Macht (8 2 
des „Grsete,). (Unter „Central= oder höhere Verwaltungsbehörde" [(§ 9 des Ges.] sollen nach Ziff. 6 
O. die Kreisregierungen und die ihnen coordinirten oder übergeordneten Stellen verstanden 
welden) Die in den Kreisamtsblättern des Jahres 1871 veröffentlichte M.-E. vom 9. Mai 1871 
ist aug Lauct in Bayerns Gesetze und Gesetzbücher XI. S. 266 ff. und bei Riedel 
a. a. O. S. 272 ff.
	        
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