809. Die Pflichten der Unterthanen. 55
als nicht in Bayern wohnhaft gelten, und die Staatoregierung ist befugt, auch außerdem (bei
Anwendung dieser Bestimmungen) Angehörige anderer Staaten, welche des Dienstes halber ihren
Wohnsih in Bayern haben, als nicht in Bayern wohnhaft zu behandeln. (Art 9.)
Unabhängig von der Staats= und der Reichsangehörigkeit ist auch die Ver-
pflichtung zur Zahlung indirekter Steuern 7.
Mit der Verpflichtung zur Zahlung der im einzelnen Falle geschul-
deten Steuer verbindet sich auch die Verpflichtung, zur Feststellung der Steuer-
schuldigkeit mitzuwirken und sich den zum Zwecke der Sicherung von Anlegung
und Erhebung der Steuern eingeführten Kontrolmaßregeln zu unterwerfen. Die
bayerische Steuergesetzgebung hat diese Seite der allgemeinen Steuerpflicht
genau und eingehend geregelt und insbesondere eine weitgehende Anmeldungs-(Steuer-
erklärungs-, Fassions) pflicht mit Rücksicht auf die der Anlegung der Steuern
zu Grunde zu legenden Thatsachen eingeführt ?.
Die Verletzung dieser zuletzt erwähnten Verpflichtungen ist in den Gesetzen mit
besonderen Strafen (Ginterziehungs= und Ordnungsstrafen) bedroht 2), im Falle
der Nichtzahlung der Steuer selbst tritt das Vollstreckungsverfahren ein?.
b) Die Steuerbefreiungen. Die Verpflichtung zur Steuerzahlung ist in
dem Sinne eine allgemeine, daß sie an sich für Alle besteht, für welche bestimmte,
in den einzelnen Gesetzen normirte Voraussetzungen zutreffen.
Steuerfreiheit ist nach der Verfassung ausgeschlossen 3). Doch bestehen von diesem
Prinzip gewisse Ausnahmen, die gleichfalls in der Verfassungs-Urkunde fest-
gesetzt sind. Auf sie ist in anderem Zusammenhange zurückzukommen. Außerdem ent-
halten die bayerischen Steuergesetze eine Reihe von Bestimmungen, welche Befreiung
von den einzelnen Steuern vorsehen, in verschiedenem Umfange und unter sehr ver-
schiedenen Voraussetzungen. Zum Theile tritt die Steuerbefreiung unter gewissen gesetz-
1) Vgl. die Gsebe, über den Malzaufschlag in der Redaktion vom 23. Aug. 1879
Art. 9 (G. u. V. B. S. 845), über den Branntweinaufschlag vom 25. Febr. 1880 Art. 7
(G. u. V. B. S. 40), *ö7 die Hundesteuer vom 2. Juni 1876 Art. 1 (G. u. V. B. S. 353).
2) Ueber das Einzelne sind die angeführten Steuergesebe zu vergleichen. Hervorzuheben ist
hier die Verpflichtung zur Abgabe von eingehenden Steuererklärungen
seitens der einzelnen Einkommen-, Kapitalrenten= und Gewerbsteuerpflich-
ti Wi-e zumeist nach vorauogegangener öffentlicher Aufforderung, nach dem Gesehze vom 19. Mai
1881 über die Einkommensteuer Art. 21 ff., 59, 63, über die Kapitalrenteusteuer Art. 12 ff., 24,
über die Gewerbsteuer Art. 23 ff. 57 K#e zu dicsen Art. die Hekamtm. der Ministerien des
Innern und der Finanzen vom 27. Dez. 1 881 § 1 ff., G. u. V. B. 1882 S. 1 ff.), ferner die Ver-
bilichtung der Anmeldung jedes „steuerpflichtigen Masanes= seitens Desrnigen dem er zukommt,
rach Art. 27 des Gesetzes über die Erbschaftssteuer vom 18. Ang. 1879, sodann die nach den in
deeher zinez bisher erwähnten Gesetzen bestehende #ne uin ug zur Ertbeiln u8
von Auskunft auf amtliche Fragen, unter Umständen auch zur Beibr
Meneinsenn unter umständen sogar zur Versicherung an Eidesstatt (Ebschchofteser Go,
Art. 33). Sehr eingehende Kontrolvorschriften enthalten die Gesetze über den Malzaufschlag
(Redaktion vom 23. Ang. 1879) und den Branntweinaufschlag vom 25. Febr. 1880. Die
Verpflichtung zur Ertheilung von Auskunft und zur Unterwerfung unter die Kontrolmaßregeln
trifft übrigens nicht nur den zur Zahlung der Steuer Verpflichteten selbst. sondern in verschiedener
Weise nach der Verschiedenheit der gesetzlichen Bestimmungen auch andere Personen. (S. auch oben
die Ausführungen über die Zeugenpflicht.)
3) Sehr umfassende Strafbestimmungen enthalten namentlich die beiden Gesetze über den
Malzaufschlag und über den Branutweinaufschlag.
4) Vgl. über bieses das Ausführungs-Gesetz zur R. C. P. . und Konk.-Ordn. vom 23. Febr.
1879 (G. u. V. B. S. 63 ff. Art. 4 ff.) und dazu die Bekanntm. vom 27. Sept. 1879, die Vor-
schriften über die Eintreibung der Staatsgefälle betr. (aus dem Finanzministerial-Bl. abgedruckt
in Bayerns Gesetze und Gesetzbücher 3. Abth. S. 744 ff.), vgl. auch Hock, Hdb. der Finanz-
verwaltung im Königreich Bayern I. S. 281 ff.
5) V. U. Tit. III. § 4 Abs. 2. „Auch kann keinem Staatsbürger eine Befreyung von den
öffentlichen Lasten bewilliget werden", Tit. IV. § 13. „Die Theilnahme an den Staatslasten ist
für alle Einwohner des Reichs allgemein, ohne Ausnahme irgend eines Standes und ohne Rück-
sicht auf vormals bestandene besondere Befreyungen.“