89. Die Pflichten der Unterthanen. 59
finden hätte 1), es sind aber auch außerdem die Bestimmungen des Gerichtskostengesetzes
in mancher Beziehung grundlegend für das bayerische Gebührengesetz geworden?).
Dabei ist in dem bayerischen Gebührengesetze der Begriff der Gebühren soweit
gefaßt, daß er auch Abgaben begreift, welche an und für sich durchaus den Charakter
wahrer Steuern an sich tragen, so daß also die Pflicht zu ihrer Leistung an und
für sich als ein Theil der Steuerpflicht erscheint. Hierher gehören außer den
in der VII. Abth. Art. 209 ff. des Gesetzes behandelten Gebühren von Besitzverände-
rungen an Immobilien, öffentlichen Mobiliarversteigerungen, Quittungen, Ausspielungen,
Verloosungen und Lotterien, Versicherungsverträgen und Lombarddarlehen") zum großen
Theile die in Abth. IV, Abschn. 1, Art. 111 ff. normirten Gebühren für Urkunden und
Ausfertigungen der Notare.
Die Gebührenpflicht ist von der Staatsangehörigkeit nicht abhängig, auch Aus-
länder unterliegen ihr bei gegebener Veranlassung selbstverständlich. Doch ist eine
gewisse rechtliche Verschiedenheit in der Regelung der Gebührenpflicht der Ausländer
gegenüber der der Reichsangehörigen sowohl nach Reichsrecht als nach bayerischem Rechte
beobachtet worden.
Die Bestimmungen des Gerichtskestengeieten. §8 85 über die Verpflichtung des Ausländers
zur Zahlung des dreisachen Betrages des gewöhnlichen Gebührenvorschusses in gewissen Fällen
und abgesehen von gewissen Ausnahmen gelten nach dem bayerischen Gebührengesetze (Art. 7)
auch in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, für welche das Verfahren landesgesehlich geregelt ist.
Die in § 85 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes enthaltene Vorschrift, vor Zahlung des von
einem Ausländer zu leistenden Gebührenvorschusses die Vornahme jeder gerichtlichen Handlung
abzulehnen, sofern nicht glaubhaft gemacht wird, daß die Verzögerung dem Ausländer einen nicht
zu ersehenden Nachtheil bringen würde, ist dagegen für die Angelegenheiten, auf welche das Ge-
richtskostengesetz keine unmittelbare Anwendung findet, nicht zur Geltung gekommen. Die analoge
Bestimmung des bayerischen Gebühren-Ges. Ark. 263 Abs. 1 bezieht sich vor Allem nicht auf
Ausländer, sondern auf Personen, welche in Bayern nicht ihren ständigen Wohnsitz
haben. Gegenüber solchen Personen kann nach dieser Gesetzesbestimmung bei Anträgen auf
Einleitung eines amtlichen Verfahrens oder Vornahme einzelner Amtshandlungen, dringende Fälle
ausgenommen, jede amtliche Thätigkeit von der vorgängigen Erlage eines zur Deckung der hiemit
verbundenen Gebühren und Auslagen hinreichenden Vorschusses abhängig gemacht werden, auch
wenn dieselben von einem bayerischen Rechtsanwalte vertreten sind ). Es ist also nicht ein Gebot
ausgesprochen, eine beantragte Amtshandlung vor Leistung des Gebührenvorschusses zu ver-
weigern, lendem nur eine Befugniß zu solcher Verweigerung ertheilt.
allen Angelegenheiten der Rechtopflege und Verwaltung aber, auf welche das Reichs-
berichtefoltengerh keine unmittelbare Anwendung findet, ist die bayerische Staatsregierung gesehlich
ermächtigt (Geb.-Ges. Art. 203 Abs. 3), gegenüber Ausländern besondere. von de
Bestimmungen des bayerischen Gebühren-Ges. abweichende Gebührensätze zu bestimmen, und
für Akte, welche an sich gebühren frei wären, die Erhebung von Gebühren zu verordnen.
1) Gebühren-Ges. Art. 7 ff., 35, 36 ff., 41 ff., 48 ff. Da diese gesetzlichen Verweisungen
auf das Gerichtskostengesetz noch vor der rtms durch das Reichsgeset vom 29. Juni 1881
erfolgt sind, so können sie sich nur auf den unveränderten Text der ursprünglichen Fassung beziehen,
der also insoweit zur Zeit noch landesgesetzliche Geltung hat, wie dies auch in der Bekanntmachung
der Ministerien der Justiz und der Finanzen vom 16. Juli 1881 Z. III. (aus dem Justiz-
ministerialblatt 1881 S. 319 ff. abgedruckt in Bayerns Gesetze rc. XVIII. S. 346 ff.) ausdrücklich
anerkannt ist.
2) Andererseits haben verschiedene Bestimmungen des Gebühren-Gesetzes durch das Reichs-
Gesetz vom 1. Juli 1881 die Erhebung von Reichsstempelabgaben betr. theils ganz (Art. 240—243
über die Gebühren von Werthpapieren), theils theilweise (Art. 235—239 über die Gebühren von
Ausspielungen, Verloosungen und Lotterien) ihre Geltung wwerioren, vgl. hierzu die Ministerial-
belamtmachung vom 20. August 1881 G. und V. B. S. 3 ff. A I. 1 III. 9 und dazu Hock
a. O. II. S. 521 ff., 524.
3) Jumeist von Verkehrssteuern. Vgll. Schall, Verkehr und Erbschaftssteuern in Schön-
berg's Handb. der Politischen Oekonomie. B. II. Tüb. 1882 5 ff.
Ihr „rein stenerlicher Charakter“ ist auch in den Lebs se dem Regierungsentwurf des
Gebühren- Lesetes (Verhauel. d. K. d. A. 1879 Beil.-Bd. VII. Abth. 1 S. 80) ausdrücklich anerkannt.
Abs. 2 erklärt die von dieser Befugniß keinen Gebrauch machenden Notare
als den Stre perstn für die erwachsenden Gebühren haftbar, vorbehaltlich des Regresses an
die zahlungspflichtige Partei.