60 Vogel, das Staatsrecht des Königreichs Bayern. 80.
Mit der Verpflichtung zur Leistung von Gebühren kann sich auch die Pflicht ver-
binden, zur Feststellung der Gebührenschuldigkeit im einzelnen Falle und zur
Sicherung des unverkürzten Ertrages der gesetzlich begründeten Gebühr mitzuwirken,
namentlich den zu letzterem Zwecke angeordneten Kontrolmaßregeln sich zu unter-
werfen. Das bayerische Gebührengesetz spricht solche Verpflichtungen mit Rücksicht auf
eine Reihe von Gebühren aus, welche wesentlich die Natur von Verkehrssteuern an sich
tragen #0.
Die Verletzung dieser Pflichten, zum Theile auch die Unterlassung
der Gebührenleistung selbst, ist in dem Gebührengesetze mit Geldstrafen bedroht,
die nach der Verschiedenheit der Thatbestände, auf welche sie sich beziehen, verschieden,
zum Theile als Hinterziehungs-, zum Theile als bloße Ordnungsstrafen
erscheinen ?.
Die Einziehung der Gebühren erfolgt unabhängig von der Bestrafung
(Art. 272).
b) Die Befreiung von der Gebührenpflicht. Ueber die Befreiung von der
Gebührenpflicht enthält das Gebührengesetz eine große Anzahl von Bestimmungen,
welche theils selbstständige Festsetzungen über Gebührenfreiheit enthalten, theils die in
andern Gesetzen, Verordnungen und Staatsverträgen enthaltenen Vorschriften über Tax-,
Stempel= oder Gebührenfreiheit aufrecht erhalten (Art. 3 Ziff. 3). Die selbstständigen
Festsetzungen über Gebührenbefreiungen, welche im Gebührengesetze enthalten sind, haben
dann wieder einen sehr verschiedenen Charakter. Zum Theil wird in ihnen eine
gesetzlich von selbst eintreende Gebührenfreiheit ausgesprochen, zum Theil gewähren sie
einen von den Betheiligten geltend zu machenden Anspruch auf Gebührenfreiheit, zum
Theile ermächtigen sie die Behörden zur Gewährung von Gebührenfreiheit. Die im
1) Hierher gehören die Vorschriften über die Pflicht zur Anzeige vom Besitzerwerbe an
unbeweglichen Sachen und diesen gleich geachlelen Rechten, Art. 214, sowie über die Pflicht,
gebührenpflichtige Mobiliarversteigerungen anzuzeigen und eine schrifiliche Urkunde eventuell unter
Kontrole eines Vertreters des Aerars über sie aufzunehmen. Art. 223 ff. Hierher gehörk ferner
das Verbot, statt einer Quittung von Gerbüthrenpflichtigem Betrage mehrere über kleinere nicht
gebührenpflichtige Beträge auszustellen, Art. 234, das Verbot, gebührenpflichtige Loose vor Ent-
richtung der Gebühr und ohne Lelen urt. der zuständigen Finanzbehörde abzusetzen oder aus-
wärtige Loose in Bayern vor der Abstempelung durch das Rentamt (und Galeichzeitiger Entrichtung
der Gebühr) zu veräußern, Art. 237, 238, das Verbot, Urkunden über Lombarddarlehen vor Zahlung
der Gebühr aus der Hand zu geben. Art. 253. Uebrigens können die im Texte genannten Pflichten
auch Andere als die eigentlichen Gebührenpflichtigen treffen. Vgl. Art. 117 Abs. 11 (Pflicht
des Vorstandes einer Aktiengesellschaft und des Aufsichtsrathes einer Kommanditaktiengesellschaft, die
Einforderung einer gebührenpflichtigen Theilzahlung auf das Grund= oder Aktienkapital oder den
erhöhten Betrag desselben der zuständigen Regierungs-Finanzkammer anzuzeigen). Unter Umständen
lommt die Pflicht hinzu, die Gebühr für die Rechnung des eigentlichen Gebührenpflichtigen
zu entrichten. Vgl. Art. 247 (Pflicht der Versicherungsgesellschaften, die Gebühren für alle von
ihnen abgeschlossenen Versicherungsverträge auf Grund periodischer Nachweisungen an die Staatslasse
im Ganzen abzuführen unter Vorbehalt des Ruckgriffs gegen die Versicherten) und Art. 255
(Möglichkeit der Auferlegung gleicher Verpflichtung hinsichtlich der Gebühren von Lombarddarlehen
an Banken, Bankhäuser u. s. w.) Ueber die Verpflichtung der Gerichtsvollzieher, die Gebühren
für die von ihnen worzunelmenden Alte vorbehaltlich des Rückgriffs gegen die zahlungspflichtige
Partei vorzuschießen vgl. Art. 155 Abf.
2) Ganz allgemein ist in Art. Ehn Abs. 2 jede Verfehlung gegen die Vorschriften über die
Zeit oder die Art der Verwendung von Gebührenmarken (val. über die Fälle, in welchen deren
Verwendung geboten ist, das Geb.-Ges. Art. 254 und die auf Grund des Art. 269 Abs. 1 dieses
Gesetzes ergangene Königl. Verordnung v. 15. Sept. 1879, G. u. V. B. S. 1171 ff.) mit einer
Idn u ugostrn se bis zu 30 Mark bedroht. Andere Strafbestimmungeni in Art. 117 Abs. 4, Art. 143
Abs. 5, Art. 214 Abs. 3, Art. 228, 234, 239, 247 Abs. 5, Art. 248, 256, 257. Ueber das eigen-
artige rkrnt. nlz acb insichtlich der verhältnißmäßigen Gebühr für die Aufnahme von
Notariatsurkunden, val. Art. 193, wo in Abs. 5 die zu geringe Werthangabe der Be-
theiligten (falls überhaupt eine solche erfolgt) nach Verschiedenheit der Fälle mit Hinterziehungs-
oder Ordnungsstrafe bedroht ist.