Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.1. Das Staatsrecht des Königreichs Bayern. (1)

809. Die Pflichten der Unterthanen. 65 
Unternehmen von gemeinem Nutzen erfordert werde und ob die Abtretung oder Belastung 
des angesprochenen Eigenthums zur zweckmäßigsten Verwirklichung des Unternehmens 
nothwendig sei ). Ueber sie wird nach vorausgegangener protokollarisch mündlicher Vor- 
verhandlung bei der Distrikts-Verwaltungsbehörde von der Kreisregierung K. d. J. i 
erster und von dem Verwaltungsgerichtshof in zweiter Instanz entschieden?). 
Das Entschädigungsver fahren tritt ein, wenn „die Abtretung des ange- 
sprochenen Grundeigenthums nicht verweigert wird oder über die Verpflichtung zur 
Abtretung von der zuständigen Administrativjustizstelle ein rechtskräftiges Erkenntniß 
erlassen und unter den Betheiligten nur noch die Frage über die Art oder den Betrag 
der zu leistenden Entschädigung streitig“ ist. Dieses Verfahren gliedert sich wiederum 
zweifach: Zunächst erfolgt auf Antrag des Abtretungsberechtig ten und wenn 
dieser Antrag bezüglich eines zur Abtretung angesprochenen Gegenstandes nicht binnen 
6 Monaten von der freiwilligen Anerkennung der Abtretungspflicht oder dem hierüber 
ergangenen rechtskräftigen Erkenntnisse an gestellt wird, auf Antrag des Abtretungs- 
pflichtigen die Feststellung der Entschädigung im Wege der Schätzung durch die 
zuständige Distriktsverwaltungsbehörde nach Ladung der Betheiligten und 
unter Zuziehung von drei sachverständigen Schätzleuten, welche für alle zur Abschätzung 
bestimmten Gegenstände oder einzelne Arten derselben von den Betheiligten, oder falls 
diese sich nicht über deren Wahl einigen, von der Distriktsverwaltungsbehörde ernaunt 
werden. 
Die Entschädigungssummen sind von der fibtrittzverwalungsbehärde für die einzelnen 
Abtretungsgegenstände gesondert auszusprechen, aus Grund der von den Schäßleuten abgegebenen 
Erklärungen, an welche die Behörde unbedingt gebunden ist, falls sie in der Werthsbestim- 
mung übereinstimmen, während andernfalls die Enschödigunsgufumme innerhalb der Grenze 
der verschiedenen Werthsangaben festzustellen ist. 
Diesem administrativen Schätzungsverfahren kann sodann ein gerichtliches 
Verfahren folgen. Den Abtretungspflichtigen wie dem Abtretungsberechtigten steht gegen 
die Feststellung der Entschädigungssumme durch die Distriktsverwaltungsbehörde inner- 
halb der ausschließenden, von der Mittheilung der in jenen Verfahren festgestellten 
Entschädigungssummen an laufenden Frist von einem Monat die Betretung des 
Rechtsweges behufs richterlicher Entscheidung über den Betrag der zu leistenden 
Entschädigung frei. 
1) Nach Art. 8 3. 14, 15 des Ges. sind auch Verwaltungsrechtssachen die mit der Benũhzung 
des Wassers, mit Bewässerungs= und Entwässerungsunternehmungen und mit dem Uferschut oder 
dem Schutz gegen Ueberschwemmungen, soweit hier nicht Kreis= oder Staatslasten in Frage slehen, 
zusamn ndangenden bestrittenen Rechtsansprüche und Verbindlichleiten. 
2) In dieser Funltion ist der Verwaltungsgerichtohof an die Stelle des in der V. U. Tit. IV. 
§* 8 Abs. 1 und im Expropriationsges. Art. A. a. genannten Staatsrathes getreten. Bei 
Mbtreiungar und Belastungen zum Zwecke verl Landesvertheidigung wird ausnahmsweise die 
Frage des gemeinen Nutzens und der zur zweckmäßigsten Verwirklichung des Unternehmens noth- 
wendigen Eigenthumsabtretung oder Belastung durch Beschluß des Gesammt-Staatsmini- 
steriums entschieden. Art. 47 des Ges. v. 8. Ang. 1878. Man wollte die hier in Frage kom- 
menden Interessen der Verhandlung in der mit dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren verbundenen. 
wenn auch beschränkten Ochentsichtei, nicht aussetzen. Vgl. die Kommentare von Krais S 
209 und Kahr S. 99 Die Erklärung der mit der Zwangsabtretung #cseminen 
hängenden Rlrchtnamsprüche“ *Dpv Verbindlichkeiten als Verwaltungsrechtssachen ericheint als eine 
Eigenthümlichkeit d es bayerischen Rechts. Vgl. Kahr a. a. O. S. 99 ff. Anm., 
v. Sarwey, das öffentl. Recht S. 637 ssj. Löning, Lehrb. des dnen etwaluingereche, 
Leipzig 1884 S. 815. Ueber das Enteignungsverfahren vgl. Art. XIII—X s Gesetzes v. 
17. Novbr. 1837, über die Nothwendigleit der Ladung sänmtlicher bei “*“ n Expro= 
priation Betheiligten (auch der Nuhnießer, besonders aber d er Hypothelengläubiger u. s. w.) zu 
der Verhandlung vor der Distriktspolizeibehörde Art. XV. Ueber die mit der rechtsförmlichen 
Zustellung dieser Ladung beginnende isvessttanebesorinlin des Eigenthümer des zur Zwangs- 
abtretung angesprochenen Grundstückes vgl. Art. XII Abs. 1. 2. und Art. XVI. 
Handbuch des Oessentlichen Rechts. III. 1. I. 5
	        
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