89. Die Pflichten der Unterthanen. 67
Für die nach rechtsförmlichem Verfahren, wie für die ohne solches
erfolgende zwangsweise Abtretung von Grundeigenthum, ebenso für den Verlust von
Rechten, die mit dem auf eine dieser Arten zu enteignenden Grundstücke aktiv oder
passiv verbunden sind (Art. II. des Ges. vom 17. Nov. 1837, (oben S. 63) ist, wie
erwähnt, volle Entschädigung und zwar nach dem ganzen Zusammenhange des
Gesetzes von 1837 unzweifelhaft in Geld zu leisten, welche bei der Abtretung von
Grundstücken nicht nur den Hemeinen Werth des abzutretenden Gegenstand es, sondern
auch die Vergütung für die dem Eigenthümer zugehenden sonstigen Nachtheile und den
Betrag der dem Pächter oder sonstigen Nutzungsberechtigten nach Gesetz oder Vertrag
zu leistenden Entschädigung umfassen mußu).
Die außerhalb des Expropriationsgesetzes landesrechtlich aner-
kannten Expropriationsfälle.
Das Expropriationsgesetz von 1837 findet, wie zum Theil schon angedentet wurde,
eine gewisse Vervollständigung seiner Vorschriften in landesrechtlichen Bestimmungen,
auf welche hier noch einzugehen ist, um eine Gesammtübersicht des bayerischen Expro-
priationsrechtes zu gewinnen. Die Fälle, in denen nach den hier in Frage kommenden
Rechtsbestimmungen Expropriation zulässig ist, lassen im letzten Grunde alle das öffent-
liche Interesse als maßgebend für die Gestattung der Expropriation erkennen, wenn
auch bisweilen äußerlich das Privatinteresse in den Vordergrund tritt.
Die drei sog. Wassergeseße vom 28. Mai 1852, das Gesetz über die Benützung
des Wassers, das über die Bewässerungs= und Entwässerungonnternehmungen zum
Zwecke der Bodenkultur und das über den Uferschuth und den Schuß gegen Ueberschwem-
mungen haben die Exproprialion gegen zumeist vorausgehende Entschädigung für eine große Anzahl
von Fällen anerkannt 2), die sich nur zum Theile mit solchen decken, welche in dem Gesetze von 1837
aufgeführt sinds). Auch sind die Bestimmungen dieses letzteren Gesetzes nur für einige dieser
Expropriationssälle vollständig, für andere sind sie nur theilweise für anwendbar
erklärt worden, während auf einige dieser Expropriationsfälle das Gesetz von 1837 über-
haupt keine Anwendung findet"). Wenn so namentlich die Bestimmungen des Gesetzes von 1837
1 Art. V. des Ges. vom 17. Nov. 1837, vgl. hiezu die Erläuterungen von H. P. in den
Blättern für Rechtsanwendung, JIunnächst in Vahern B. 39 (N. F. 19.) Erl. 1874.
S. 321 ff. 337 ff. und Hartmann a. a. O. S. 35 ff. Dazu Art. IX. des erwähnten Gesetzes:
„Werthserhöhungen, welche dem gang oder theilweise abzutretenden Gegenstande erst in Folge des
die Abretung veranlassenden Unternehmens Zuwachsen oder zuwachsen können, kommen bei der Ent-
schädigungoermittelung nicht in Anschlag“. Ueber die für den Inhaber von mit dem Entwehrungs-
gegenstand verbundenen Rechten besondero auczumittelnde Entschädigung vgl. Art. VI. Ueber die
grundsäßtlich gleiche Behandlung der in Nolhfällen zu gewährenden mit der in Fällen der Expro-
priation nach rechtsförmlichem Verfahren zu leistenden Entschädigung vgl. Art. VII. und über die
Entschädigung bei zwangsweiser Beschwerung des Grundeigenthum mit einer Dienstbarkeit
für öffentliche Zwecke Art. VIII. Ueber das Erlö öschen der auf dem Expropriationsgegenstande
ruhenden Hypotheken und der im Hypothekenbuche in Beziehung auf denselben etwa eingetrogenen
Verfügungsbeschränkungen in Folge der Zwangsabtretung und über die Befriedigung
der im Hypothekenbuch eingetragenen Glänbiger aus der Entschädigungsfumme vgl. das Gesetz
vom I7. Nov. 1837 Art. XI. XXII. Ziff. 2 und des Ausf.-Ges. vom 23. Febr. 1879 Art. 53,
dazu Hartmann S. 7 ff. 82 ff.
2) Vgl. oben S. 62, 61 Aumerk. und über Zwangsenteignung ohne Eutschsdigung rhach
dem uasierieaubimisteh oben S. 63 rinn 3, und dazu noch Roth, Civilrecht II. S. 174 ff.
238, III. S. 151 ff. u. Pözl, die bayer. Wassergeecze erläutert 2. Aufl. Erl. 1880.
3) Hier mag hervorgehoben werden, daß Art. 8 Abs. 2 des Uferschutzges. die Ufereigenthümer
zur Abtretung der zu Uferschutzbanten erforderlichen, auf den - schützenden Grundstücken vorhandenen
Materialien, also von Mobilien verpflichlet. Pözl O. S. 392. Anderseils handelt es
sich in den in den Wasfergeseten anerkannten Expropsatkonsfälen großentheils um die Entziehung
oder Einräumung des Gebrauches von Wasser, doch kann auch Abtretung von Grundstücken
in Frage kommen, val. z. B. Wasserbenützungsges. Art. 5, Bewässerungsges. Art. 20, 21, Uferschutz-
9.
ges. Art
4) Die volle #wendung des Ges. Nov. 1837 bestimmen das Wassergesetz Ark. 5,
Abs. 1, 13, 24, 36, 3 48, (vgl. zu kenen. Artikel Roth in Hauser's Zeitschr. für
Reichs- Aan 02 z.6. 2 IV. on ni und dagegen Pözl a. a. O. S. 133 ff.) 70, und das User-
schutges. Art. 9, 10, 16, 19, iilen
5.