89. Die Pflichten der Unterthanen. 73
Reiche gegenüber insofern wirksam, daß, während an sich die auf Grund jener Reichs-
gesetze entstandenen Verpflichtungen dem Reiche gegenüber bestehen, sie soweit sie
innerhalb des bayerischen Staatsgebietes zu erfüllen sind, zum großen Theil als
Pflichten gegen den Staat Bayern erscheinen, insofern es sich nämlich um
Friedensleistungen, einschließlich der Quartierleistung und um sog. Rayon-
beschränkungen nach dem Gesetz vom 21. Dez. 1871 handelt. Soweit dies der Fall ist,
muß auch den bayerischen Staat die sonst dem Reich obliegende Pflicht zur Leistung
der Entschädigung treffen, wie sie in der Regel nach den hier maßgebenden Reichs-
gesetzen für die auf Grund derselben beanspruchten Leistungen oder durch dieselben gerecht-
fertigten Vermögensbeschränkungen zu gewähren ist; Kriegsleistungen dagegen sind,
auch sofern sie innerhalb Bayerns gesordert werden, dem Reiche zu entrichten und die
Pflicht der Entschädigung für dieselben, sowcit sie gesetzlich begründet ist, trifft auch
hier das Reich 7.
Dem entsprechend ist denn auch in dem Reichsgesetze vom 9. Febr. 1875 8§ 3 und
in dem Naturalleistungsgesetze vom 13. Febr 1875 § 18 dem Könige von Bayern das
Recht zur Erlassung der zur Ausführung des Ouartierleistungs= und des Natural-
leistungsgesetzes erforderlichen allgemeinen Anordnungen vorbehalten worden ?).
Daß die Verpflichtungen, die Militärlasten zu tragen, von der Reichs= und
Staatsangehörigkeit unabhängig sind, daß sie bei dem Vorhandensein der
für die Entstehung und Geltendmachung derselben gesetzlich bestimmten Voraussetzungen
auch Ausländer treffen, andererseits aber wesentlich durch Vermögensbesitz
innerbalb des Staatsgebietes (im Allgemeinen des Reiches, sofern ihre Er-
füllung vom Einzelstaate gesordert werden kann, des Einzelstaates) bedingt sind,
liegt thls in dem Wesen dieser Verpflichtungen, hat aber zum Theile auch ausdrückliche
Anerkemung in den Gesetzen gefunden .
Wie die nicht unter den Begriff der Verpflichtung zur Duldung der Expropriation
fallenden Militärlasten doch durchgehends eine dieser Pflicht verwandte Natur
zeigen, sofern es sich auch bei ihnen um die Duldung von Einwirkungen der Staats-
gewalt auf das Vermögen im öffentlichen Interesse handelt, die Vermögensnachtheile mit
sich bringen. für welche regelmäßig Entschädigung zu leisten ist "), so trifft das Gleiche
I Vql außer dem Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechts von G. Meyer Th. II.
1885 S. 111 ff. Seydel in Hirth's Annalen d. D. Reiches 1874 S. 1051, 1875 S. 1082,
1085 und Laband, Staatsrecht d. D. Neiches III. 1. S. 317, wo# gewiß mit Recht hervorgehoben
ist, daß die nach § 44 des Rayonges. im Falle der Armirung einer bayerischen Festung
für Frelegung des Festungsrayons — gewährenden Demolirungsentschädigungen dem
Reichsfielus unmittelbar zur Last fallen. Daß anderseils auch das Reich entschädigungspflichtig
ist für cllenfalls von ihm innerhalb des bayerischen Staatogebiels für nicht-bayerische Truppen
gefordere Frieden Sleistungen kann ebenfalls nicht bezweifelt werden, wie dies auch von
S erbet Annalen 1875 S. 1082 für den Fall der Eingnartierung schon bemerkt worden ist.
2) Auf Grund deser Werbe sind dann mit V.-O. vom 8. Juli und 28. Sept. 1875
(G.= u. V.-Bl. S 513 ff. und 579 ff.) die bayerischen Vollzugsinstruktionen zum Quartierleistungs-
und zum r 3 erlassen, und die zu ersterem Gesetze mit V.-O. vom 16. April 1885
(G.-V.-B. S. 251 ff.) die zu letzterem mit V.-O. vom 28. Angust 1878 (G.= u. V.-B. S. 409 ff.)
abgeändirt und ergänzt worden, in wesentlicher materieller Uebereinstimmung mit den Verordnungen des
Bundeskräsidiums (Kaisers) vom 31. Dez. 1868, 2. Sept. 1875, 29. Jan. 1885 und 11. Juli 1878.
3) Vgl. namentlich § 1 Abs. 1 des Qnartierleistungsgesetzes, wo die Fürsorge für die
räumliche Unterbringung der bewaffneten Macht als „eine Last des Bundes“, bezeichnet wird,
und § 1 Abs. 1 des Kriegsleistungsges., wo von einer „Verpflichtung des Bundesgebietes
zu allen Leistungen für Kriegszwecke nach den Bestimmungen dieses Gesetzes“ gesprochen wird, und
dazu Siydel in Hirth's Annalen 1874 S. 1039 Anm. 1 und Laband, Staatsr. d. D. R. III. 1,
S. 312 Anm. 1. Aehnlich § 1 des Ges. vom 13. Febr. 1875: „Naturalleistungen für die bewaff-
nete Mccht können — innerhalb des Reichsgebietes nur nach Maßgabe der Bestim-
mungen des gegenwärtigen Gesetzes gefordert werden.“
4) Vgl. über die rechtliche Natur der Militärlasten im Allgemeinen Laband im Staatsr.