Full text: Kriegsschäden und Kriegsschadenersatz.

2. Sachschäden. 
Wenn wir in die Geschichte unseres Volkes zurückblicken, so finden wir, 
abgesehen von dem Deutsch--Französischen Krieg von 1870/71, keinen Feldzug, 
der so überwiegend auf dem Gebiete des Feindes geführt worden ist wie der 
gegenwärtige. Selbst siegreiche Kriege hat das deutsche Volk früher zum 
großen Teil im eigenen Lande ausfechten müssen. So ist der unmittelbare 
Schaden, den kriegerische Ereignisse deutschem Sacheigentum auf deutschem 
Boden zugefügt haben, im Verhältnis zu der Gesamtsumme der im Deut- 
schen Reich vorhandenen Sachwerte gering. Die unmittelbar zerstörenden 
Wirkungen des Krieges haben sich nur in den Grenzprovinzen fühlbar ge- 
macht. Immerhin sind auch in den übrigen Gebieten des Reiches, die von 
der Kriegführung selbst nichts gesehen haben, mittelbar schädigende Ein- 
griffe in das einzelne Sacheigentum vorgekommen, insbesondere durch die 
Kriegsgesetzgebung, die eine Reihe von Gegenständen des Kriegsbedarfs 
der Verfügungsgewalt des einzelnen Eigentümers entzogen hat. Dies steht 
in engem Zusammenhange mit anderen gesetzgeberischen Maßnahmen, 
welche weniger das Eigentum an der einzelnen Sache, als die gesamte Ver- 
mögens- und Geschäftslage der Bürger treffen und daher bei deren Be- 
sprechung erörtert werden sollen. 
Weit schwerer als diese Kriegsschäden inländischen Sacheigentums ist 
der Schaden, den das Eigentum der Inlandsdeutschen im 
Auslande erfahren hat. 
Um mit dem geringsten Posten anzufangen, sei erwähnt, daß bei Aus- 
bruch des Krieges — es war gerade die Reisezeit — ein großer Teil wohl- 
habender Inlandsdeutschen im Ausland unterwegs war und bei der durch 
die Ausweisung gebotenen Eile und bei den durch die Mobilmachung ent- 
stehenden Verkehrsschwierigkeiten sein Reisegepäck im feindlichen Auslande 
hat zurücklassen müssen. Dieser Schaden wird sich nicht allzu schwer ertragen 
lassen. 
Ganz anders sieht es mit den Schäden aus, welche das im Ausland 
angelegte oder befindliche Eigentum, insbesondere des deutschen Handels- 
standes, erfahren hat. An erster Stelle ist hier die deutsche Reederei 
zu nennen. Schon im Deutsch-Französischen Kriege war ihre Einbuße sehr 
erheblich. Obwohl damals nur ungefähr 80 Schiffe aufgebracht worden 
sind, hat man den dadurch verursachten Schaden auf ungefähr 9 000 000 
Mark beziffert. Der jetzige Krieg, der die ganze Welt umspannt, ist 
infolge der Beteiligung Englands für die deutsche Schiffahrt weit verlust- 
reicher gewesen. Es stehen auch heute ganz andere Werte in der Rechnung 
als 1871.
	        
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