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sondere Kontributionen in Feindesland erboben. Allerdings dürfte jetzt
der Erhebung solcher Kontributionen Artikel 48 der Haager Landkriegs-
ordnung entgegenstehen, nach welchem Kontributionen nur zur Deckung der
Bedürfnisse des Heeres oder der Verwaltung des mit der Abgabe be-
schwerten Gebietes erhoben werden dürfen. Freilich hätte nichts dem im
Wege gestanden, Vorschüsse an die Auslandsdeutschen aus der Reichskasse
zu zahlen und Kontributionen in entsprechender Höhe für den Heeresbedarf
zu erheben — eine Erwägung, die zugleich zeigt, wie wenig Bedeutung die
genannte Vorschrift des Haager Abkommens hat.
Den Deutschen aus den Schutzgebieten werden in besonderen Fällen
Beihilfen gewährt, entweder als zinsloses Darlehen oder in Anrechnung
auf den zu erwartenden Kriegsschadenersatz. Anträge sind an das Reichs-
kolonialamt zu richten.
Die einzige Maßregel, die bisher zur Sicherung von An-
sprüchen gegen das feindliche Ausland getroffen ist, ist der
Zwang zur Anmeldung der im Reichsgebiet befindlichen ausländischen Ver-
mögenswerte.1!) Das Reich hat bisher von einer Beschlagnahme abgesehen,
will aber durch die Bestandserhebung sich einen Kberblick verschaffen,
was an Werten feindlicher Staatsbürger sich im Inland befindet. Nach
Artikel 46 Abs. 2 der Landkriegsordnung ist das Privateigentum der Ein-
ziehung nicht unterworfen. Obschon die feindlichen Staaten unter Ver-
letzung dieses auch sonst allgemein anerkannten Grundsatzes des Völker-
rechts deutsches Privateigentum eingezogen haben, will das Deutsche Reich
anscheinend hier nicht gleiches mit gleichem vergelten, und — wie der Ver-
treter der Regierung in der Reichstagskommission für Handel und Gewerbe
ausgeführt hat?), ist es ja auch nicht richtig,
„Überall das feindliche Vorgehen gegen Privatrecht und Völker-
recht mit einem noch stärkeren Schlage zu erwidern, und so wiederum
immer neue Verschärfungen des wirtschaftlichen Kampfes hervorzu-
rufen. Es gilt, trotz der berechtigten Erbitterung gegen das feindliche
Vorgehen doch mit kühlem Verstand und ruhiger #berlegung vorzu-
gehen, und die praktischen Vorteile und Nachteile einer jeden solchen
Maßnahme zu erwägen.“
Immerhin, wenn man auch nicht zu einer Beschlagnahme schreitet, als
ein Pfand für die Erfüllung unserer berechtigten Ansprüche wird uns das
im Reiche befindliche Vermögen des feindlichen Auslandes dienen können.
1) RGGBl. 1915, 653. Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 10. Oktober 1915.
2) Drucksachen des Reichstags, 13 II 1914/15, Nr. 135, S. 7.