60 Reichs= und Staatsangehörigkeitsgesetz. 9 7.
4. Niederlassung. Das Gesetz über die Freizügigkeit vom
1. 11. 1867 sagt in § 1:
„Jeder Deutsche hat das Recht, innerhalb des Reiches:
1. an jedem Orte sich aufzuhalten oder niederzulassen, wo er
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen sich zu ver-
schaffen imstande ist.
Das BGB. unterscheidet — in § 7 — Wohnsitz und Nieder=
lafsung so:
„Wer sich an einem Orte ständig niederläßt, begründet
an diesem Orte seinen Wohnsitz
Der Wohnsitz wird aufgehoben, wenn die Niederlassung
mit dem Willen aufgehoben wird, sie aufzugeben.“
Wenn das RöSt. in § ?7 auch schlechthin von Niederlassung spricht,
so wird man darunter doch nur die ständige Niederlassung ver-
stehen können. Wer z. B. zu bestimmten Zwecken eine auf be-
stimmte Zeit berechnete Niederlassung nimmt, kann aus § 7 keine
Rechte herleiten.
Nicht erforderlich ist der Besitz einer eigenen Wohnung. Es
genügt ein durch Nachmiete — wie man wohl statt Aftermiete
sagen könnte — begründetes Unterkommen. — f. MBl. 1868
S. 266. —
Die Niederlassung muß vollzogen sein. Die Absicht der Nieder-
lassung genügt nicht, um den Anspruch aus § 7 zu begründen.
Der Staat kann aber gleichwohl die Aufnahme gewähren, und
zwar auch dann, wenn die Niederlassung überhaupt nicht erfolgt.
5. 8§ 3 bis 5 des Gesetzes, über die Freizügigkeit lauten:
83.
Insoweit bestrafte Personén nach den Landesgesetzen Aufenthalts-
beschränkungen durch die Pölizeibehörde unterworfen werden können,
behält es dabei sein Bewenden.
Solchen Personen, welche derartigen Aufenthaltsbeschränkungen
in einem Bundesstaate unterliegen, oder welche in einem Bundes-
staate innerhalb der letzten zwölf Monate wegen wiederholten
Bettelns oder wegen wiederholter Landstreicherei bestraft worden
sind, kann der Aufenthalt in jedem anderen Bundesstaate von der
Landespolizeiverwaltung verweigert werden.
Die besonderen Gesetze und Privilegien einzelner Ortschaften
und Bezirke, welche Aufenthaltsbeschränkungen gestatten, werden
hlermit aufgehoben.
84.
Die Gemeinde ist zur Abweisung eines neu Anziehenden nur
dann befugt, wenn sie nachweisen kann, daß derselbe nicht hin-