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Unser tapferer Mitkämpfer, Prof. Dr. Molenaar, fragte dann
brieflich beim Oberbürgermeister in Duisburg an, ob unter seiner
Oberleitung wirklich so viel Lug und Trug und Rohheit vorgekommen
sei, wie es der „Impfgegner“ in seiner Nr. 9/10 beschrieben habe.
Er bekam folgendes Schreiben:
Die Polizeiverwaltung. Duisburg, den 9. P. 1910.
Der Oberbürgermeister.
Tagebuch Nr. 4715.
Auf Ihre gefällige Anfrage vom 4. ds. Mts. wird Ihnen
ergebenst erwidert, daß der 9 jährige Sohn eines hiesigen Bau-
schreiners am 3. 8. ds. Is. unter Anwendung unmittelbaren
Zwanges durch den zuständigen beamteten Impfarzt geimpft
worden ist.
An J. V.:
Herrn Dr. H. Molenaar. (unleserlich)
Perchastarnberg. Bayern.
f)Anfang des Jahres 1910 zahlte Richard Pickard, Hagen in
Westfalen, 5 Mark Strafe wegen Nichtimpfens. Trotzdem erschienen
am 22. 11. desselben Jahres ein Polizei-Beamter, ein Schutzmann
und Frau Kriminal-Wachtmeister Klein und verlangten die Heraus-
gabe des 3 jährigen Lothar. Auf die Aufforderung des Vaters, sich
nicht des Hausfriedensbruchs schuldig zu machen, sondern die Wohnung
unverzüglich zu verlassen, gingen die Zwangs-Polizisten nicht ein,
drohten dem Vater vielmehr Verhaftung an. Nach zweistündiger
Verhandlung erschien noch ein herbeigerufener Schlosser, der gewaltsam,
mit Hilfe eines Nachschlüssels, das Schlafzimmer erbrach, in dem sich
Mutter und Kind befanden. Letzteres wurde unter dem Bett hervor-
gezogen. Um 10 Uhr herum pilgerten Mutter und Kind in sorg-
samster Bewachung vorher genannten Schutzmannsaufgebots zum
Impfarzt Dr. Gräve, der nicht anwesend war. Darauf wurden
Mutter und Kind bis mittags 1 Uhr im Café Resa unter Polizei-
Aufsicht gehalten und, als der Herr Impfarzt dann die Impfung
noch nicht vornehmen zu können vorgab, abermals dorthin gebracht.
Erst um 3 Uhr gelang die Zwangsimpfung; es war damit eine
weitere Möglichkeit beseitigt, daß dies bis dahin ungeimpfte Kind,
wenn es einmal die Pocken bekäme, geimpfte und geschützte an-
stecken könne.
8) Eine in Frankfurt a. M. am 7. Dezember 1910 bei Arnold,
Wendelsweg Nr. 4, vorgenommene Zwangsimpfung, die Kreisarzt