VIII. Die Zeit der Fremdberrschaft. 91
Stein ein großes Verdienst erworben. Dem Freiherrn vom Stein
wurde im Jahre 1871 in seiner Heimat auf dem Burgberge bei
Nassau von dem deutschen Volke ein Denkmal errichtet, auf dem er
als „Des Guten Grundstein, des Bösen Eckstein, der Deutschen Edel-
stein" gepriesen wird. Als solcher hat er sich stets gezeigt. Napoleon
hatte Steins Tüchtigkeit bald erkannt und befahl, daß Steins Güter
mit Beschlag belegt und er selbst verhaftet werden solle, wo man ihn
fände. Stein ging nach OÖstreich, und als er auch hier nicht mehr
sicher war, nach Rußland. Als wieder Frieden im deutschen Lande
herrschte, war Stein unausgesetzt thätig, das deutsche Volk frei und
glücklich zu machen. So hat er, wie ein rechter Edelmann, in Krieg
und Frieden zwischen Fürst und Volk als treuer Mittler und Nat-
geber gestanden.
91. Gottes Strafgericht in Rußland.
1812.
1. Nachdem Napoleon fast ganz Europa besiegt hatte, stellte er
auch gegen Rußland ein Heer von mehr als einer halben Million auf.
Darin befanden sich auch viele Deutsche, die gezwungen der französischen
Fahne folgten. Endlose Truppenzüge wälzten sich damals durch das
deutsche Land geradeswegs auf Moskau los. Die Russen erwarteten das
Heer an der Grenze, wichen aber vor der Ubermacht zurück und verheerten
das eigene Land, um den Feinden nur eine Wüste übrig zu lassen.
In Moskau hoffte Napoleon, für seine erschopften Krieger Ruhe und
Uberfluß zu finden und den befiegten Feind zu demütigen. Aber
es kam anders. Moskaus Häuser und Straßen waren leer, alle
Vorräte fortgeschafft, die Fenster der Paläste verhangen und die Ge-
fängnisse geöffnet. Kaum war es Nacht geworden, so wogte ein
qualmendes Feuermeer über den Häusern der Stadt. Entsetzen ergriff
die französischen Krieger. Hier war ihres Bleibens nicht. Napoleon
bot dem Kaiser Alerander den Frieden an, erhielt aber zur Antwort:
„Jetzt soll der Krieg erst recht anfangen" Do blieb dem verwegenen
Eroberer nur noch der Rückzug übrig.
2. Es war ein schrecklicher, grauenvoller Rückzug. Der Weg führte
durch unwirtbare Landftriche, die keine Lebensmittel und keinen Rast-
platz boten. Ungewöhnlich früh fiel der strengste Winter ein. Menschen,
Pferde und Wagen blieben im Schnee stecken; Hunger und Frost for-
derten Tag für Tag zahlreiche Opfer. Haufen von Erstarrten, um-
gestürzte Kanonen, weggeworfene Waffen und zurückgelassene, kostbare
Beutestücke lagen an den Heerstraßen. Die nachsetzenden russischen
Reiter gönnten den erschöpften Feinden keine Ruhe und nahmen
anze Scharen von Nachzüglern gefangen oder machten sie nieder.
iuu der Beresina erreichte das Elend seinen Gipfel. Napoleon ließ
zwei Brücken über den PFluß schlagen, und die Truppen begannen
hinüber zu rücken. Plötzlich erschienen die Russen und feuerten in die