102 IX. Die Zeit des Ringens nach Einheit und Freiheit.
— —
könne wie das Sprechen. Sein Vorhaben ward zuerst wenig beachtet:
als aber der erste Landtag in München eröffnet wurde, erhielt Gabels-
bergers Plan eine festere Gestaltung. Gabelsberger arbeitete nun un-
ermüdlich an der Ausbildung seines Systems. Endlich hatte er ein
Alphabet zusammengestellt, welches ihm ermöglichte. jede Rede mit-
zuschreiben. Im Jahre 1834 veröffentlichte Gabeleberger sein Lehrbuch
der Stenographie oder Schnellschreibkunst. Seine Erfindung verbreitete
sich rasch. Heute muß jeder Lehrer, Schreiber, Kaufmann und Beamte
stenographieren können. Ein Schlaganfall beendete am 4. Januar 1849
Gabelsbergers Wirksamkeit. Wenn auch mit der Zeit andere Steno-
graphiesysteme aufkamen, so gebührt doch der Ruhm der ersten Er-
findung Gabelsberger. Sein System hat die weiteste Verbreitung und
ist in den bayerischen Mittelschulen amtlich vorgeschrieben.
3. Glück im Unglück! So kann man bei Joseph Fraunhofer sagen.
Dieser war Lehrling bei dem M ünchner Glasschleifer und Hofspiegel=
macher Weichselberger: da stürzte das Haus des Meisters zusammen, und
Joseph geriet unter die Trümmer. Der Kurfürst Maximilian Joseph war
herbeigeeilt und feuerte die Umstehenden zur Rettung d der Verschütteten
an. Gerade zur rechten Zeit wurde Fraunhofer aus der Einklemmung
zwischen zwei Thürpfosten befreit. Der Kurfürst fand Gefallen an dem
aufgeweckten Glaserlehrling, der alle Fragen klug und geschickt be-
autwortete, und schenkte ihm 18 Dukaten. Von diesem Gelde kaufte
sich Fraunhofer Bücher zum Studium. Besonders Optik und Mathematik
zogen ihn an. Nach Beendigung seiner Lehrzeit beschäftigte er sich
eifrig mit dem Schleifen optischer Gläser. Damit konnte er sich aber
seinen Lebensunterhalt nicht verdienen, und er mußte notgedrungen zu
dem erlernten Handwerke zurückkehren. Im Jahre 1806 trat er als
Optiker in das Jnstitut Utzschneiders. Hier erfand Frannhofer Ma-
schinen zum genauen Schleifen und * zolieren großer optischer Gläser:
auch bereitete er besseres Flintglas als die englischen Fabriken. Die
aus der Anstalt hervorgegangenen Ricsenfernrohre erregten das Er-
staunen und Entzücken aller Astronomen. In Anerkennung seiner
Verdienste um die Wissenschaft erhob der König den ehemaligen Glaser-
lehrling in den Adelstand. Doch nur zu bald ward Fraunhofer seinem
Wirkungskreise entrissen. Sein schwächlicher Körper war den Über-
anstrengungen nicht gewachsen. 39 Jahre alt erlöste ihn der Tod am
7. Juni 1826 von einer schweren Krankheit.
103. Die GEisenbahn und der Telegraph.
1838.
1. Die erste Eisenbahn mit Dampfbetrieb im deutschen Lande
wurde im Jahre 1835 in Betrieb b gesetzt. Seit der Zeit haben sich
die Eisenbahnen derart vermehrt, daß es heute kaum noch ein Dorf
gibt, das nicht in nächster Nähe eine Eisenbahn hätte oder mehr als
einige Stunden davon entfernt läge. Mit der Eisenbahn hat auch