[IX. Die Zeit des Ringens nach Einheit und Freiheit. 105
Als nach der siegreichen Schlacht bei Leipzig sich ganz Europa gegen
Napoleon erhob, da betrieb Kronprinz Ludwig am eifrigsten den An-
schluß Bayerns an die Verbündeten. Zum Andenken an den Leipziger
Sieg stiftete er in seiner Frende eine alljährliche Armenspeisung. Nie
ward er seinem deutschen Denken und Fühlen untreu. «
2. Mit dem Wahlspruche: „Gerecht und beharrlich“ bestieg er
den bayerischen Königsthron. In allen Teilen der Regierungsthätig-
keit machte sich hald seine starke Hand bemerkbar. Den einzelnen
Kreisen gab er größere Selbständigkeit, indem er hier durch Einführung
der Landräte die Selbstverwaltung schuf. Um dem Volke die glorreiche
Vergangenheit der deutschen Nation ftets vor Augen zu stellen, wurden
die acht Kreise nach den einzelnen Volksstämmen benannt. An her-
vorragende deutsche Männer sollte die Walhalla mit ihren Denkmälern
erinnern, ebenso die Befreiungshalle an die Helden der Befreiungskriege.
Außerdem gründete er eine Anzahl kandwirtschaftlicher, gewerblicher und
polytechnischer Schulen und errichtete Kreishilfskassen zur Unterstützung
armer Handwerker und Bauern. Durch die Erbauung des Donau-
Main-Kanals suchte er die Schiffahrt zu fördern. Sein scharfer Blick
erkannte auch bald die Bedeutung der Eisenbahn; die erste deutsche
Eisenbahn verkehrte zwischen Nürnberg und Fürth. Mit Württemberg
wurde auf seine Veranlassung ein Zollvertrag geschlossen, der sich
später zum deutschen Zollvereine erweiterte und der Vorläufer der
deutschen Einheit wurde.
3. Nicht minder stark wandte Ludwig dem Schulwesen sein Inter-
esse zu. Die Volksschulen und die Lehrerseminarien erhielten neue
Lehrpläne und auch die Mittelschulen wurden verbessert. Die Univer-
sität Landshut verlegte er nach München und berief berühmte Gelehrte
an dieselbe. Auch verlieh er der Hochschule die akademische Freiheit,
denn er sagte, er wolle der Jugend vertrauen. Durch Gründung
von Blindeninstituten und Erziehungsanstalten zeigte sich sein menschen-
freundlicher Sinn aufs beste. Der katholischen und der protestan-
tischen Kirche wies er große Summen zur besseren Ausgestaltung ihrer
gottesdienstlichen Verrichtungen zu. «
«4z.«-.D·aächODsexkkcndstcleisteteKönigLudwigjefdochdurchdie
Förderung der Kunst. „Ich will aus München eine Stadt machen,
die Deutschland so zur GEhre gereichen soll, daß keiner Deutschland
kennt, wenn er nicht auch München gefehen hat!“ Dieses Wort, das
er einst gesprochen, machte er auch wahr. In seiner Hauptstadt ver-
sammelte sich eine große Zahl tüchtiger Baumeister, Maler, Bildhauer,
Erzgießer und andere Künstler, und es erstanden mehrere Kirchen und
ein neues Schloß für ihn. Die Säle des Schlosses schmückte er mit
Bildern aus der deutschen Sage und Geschichte. Die beiden Pinako-
theken dienen zur Aufbewahrung von Gemälden. In der Glyptothek
siind Büsten und Statuen aufgestellt. Die Rihmeshalle mit der
riesigen Bavaria davor birgt die Büsten bedeutender Bayern. Der
Obel isk ehrt das Gedächtnis der auf den Eisfeldern Rußlands
gebllebenen bayerlschen Soldaten. In der Feldherrnhalle wurden die